Sake trifft Käse im Dezember 2020: Zwei Daiginjo, Sake voller Eleganz und Anmut – und entsprechende Käse

Das ist eine neue monatliche Serie, die Ihr hier abonnieren könnt, und hier könnt Ihr lesen, wie alles begann, mit Walter und mir und dem Sake und dem Käse… viel Spaß!

Read this in Japanese or in English.

Walter sagt: Passend zur Jahreszeit haben wir für diesen Monat zwei Daiginjo-Sake ausgewählt, von Sogen und von Ichinokura. Daiginjo bedeutet, dass die Reiskörner auf ganze 40 Prozent herunter poliert werden, also auf den inneren Kern. Dieser innere Kern beinhaltet konzentrierte Geschmacksstoffe, die den Sake zwar voll, aber dabei sehr elegant schmecken lassen.

Und was könnte eleganter sein als eine Samurai Queen? Die Brauerei Sogen liegt an der äußersten Spitze der Halbinsel von Noto, auf der gleichen Höhe wie Tokio, aber an der westlichen Küste. Sie wurde ursprünglich von einer Samurai-Familie betrieben. Man arbeitet dort nach wie vor sehr traditionell und braut im Gegensatz zu den modernen großen Betrieben ganz klassisch nur im Winter. Hier arbeiten Fischer und Bauern, die so im Winter ein zusätzliches Einkommen haben, und auch der Toji, der Braumeister, hat keinen Uni-Abschluß! Dieses Zusammenleben ist eine klassische Lebensweise in ländlichen Gebieten und besteht auch heute noch in manchen Teilen Japans.

Mangyo-san, ein junger Fischer und Landwirt, der bei Sogen für den Verkauf zuständig ist, ist außerdem gelernter Koch und erklärte mir bei unserem Gespräch, wie wichtig es für ihn sei, diese traditionelle Lebensweise zu erhalten. Er sagte mir auch, dass es bis zum nächsten 24h Stunden-Supermarkt 30 Minuten mit dem Auto sei (unglaublich in Japan!), um die Abgeschiedenheit zu verdeutlichen. Im Winter wird das ganze Gebiet von den Schneemassen in einen jährlichen Lockdown versetzt. Er empfiehlt die Samurai Queen zum Aperitif und zu Vorspeisen wie gegrillter Rotbarbe oder gedämpften Kabeljau. Und natürlich Austern! Allgemein ist die Küche in dieser Region ziemlich salzhaltig, da im Sommer geerntete Gemüse oder gefangene Fische und Meeresfrüchte für den Winter mit Salz konserviert bzw. fermentiert werden. Die Sake von Sogen sind nie besonders ausgeprägt im Duft, aber dies ist so gewollt, der Sake soll die Speisen keinesfalls überdecken, sondern sich eher anschmiegen. Durch eine leichte Bitternote im Abgang hilft er aber auch den Gaumen zu erfrischen.

Brauerei: Sogen
Name: Samurai Queen
Typ: Daiginjo
Alk.: 16 %
SMV: +5
RPR: 40%
Säure: 1.4
Aminosäure: 0.9
Reis: Yamada Nishiki 
Präfektur: Ishikawa

Heinzelcheese sagt: Wow – was für ein Duft! Dezent, ja, und elegant, und dabei so intensiv, warm und gelb – ich fühlte mich plötzlich nach Gambia in Westafrika versetzt, hatte die warme, staubige rote Erde in der Nase, den Atlantik, die kleinen, superreifen Bananen… Was sich am Gaumen fortsetzte, dicht und warmgelb balsamisch, mit einem mineralisch salzigen Unterton und diesem Finish, das Walter als bitter beschreibt, während es mich bei einem Wein auf Maischestandzeit tippen ließe, also etwas Tannin-Grip. Eine unglaubliche Dichte und Fülle, die jedoch nicht überwältigt, sondern ganz leise und bestimmt von innen glüht.

Glücklicherweise hatte mir Serendipity beim Käse-Einkauf ein Stück Remeker mit auf den Weg gegeben. Auf diesen Ausnahmekäse der Familie van de Voort aus den Niederlanden, der einst aus einem Gouda enstanden ist und damit heute so wenig gemeinsam hat wie die Samurai Queen mit einem Sake aus dem nächsten Supermarkt, auf den Remeker also trifft die obige Beschreibung ebenso zu. Die üppige, rohe Milch wunderschöner Jersey-Kühe, dieses leise, wonnige Glühen gelber Fülle, nach 12 Monaten Reife mürbe, mit einem Anflug an Kristallen, und keine Spur von süßer Aufdringlichkeit. Die beiden verschmelzen förmlich, „schmiegen sich aneinander“ – und ich wünschte, ich könnte dem jungen Mangyo-san ein Stück schicken! Wer weiß, Serendipity kümmert sich vielleicht auch darum.

Walter sagt: Der zweite Sake für den Dezember kommt von der Brauerei Ichi no Kura, wörtlich „vereint in einer“, da der Betrieb aus ursprünglich vier Brauereien enstanden ist, die sich in den 70er Jahren zusammengeschlossen haben. Bis heute wird der Posten des Brauereichefs abwechselnd aus einer der vier Gründerfamilien besetzt. Ichi no Kura repräsentiert die großartigen Sakes der Region Tohoku im äußersten Nordosten von Japans Hauptinsel Honshu und liegt mir besonders am Herzen, weil sie recht früh mit dem Anbau von eigenem Reis begonnen hat, und zwar unter möglichst nachhaltigen, ökologischen Gesichtspunkten, mit sehr geringem Pestizideinsatz. Ichi no Kura hilft außerdem den regionalen Vertragsbauern ihre Felder wieder nachhaltig zu bestellen, Insekten und Frösche halten wieder Einzug, Zusammenarbeit und Kooperation wird nicht nur propagiert, sondern auch gelebt.

Kura no Hana bedeutet die Blume der Brauerei, und der Sake heißt genauso wie die verwendete Reisart, eine relativ neue Kreuzung aus der Provinz Miyagi. Aus diesem neuen Reis haben die Toji, die Braumeister, dank traditioneller, handwerklicher Methoden eine Blume entstehen lassen, die sehr zart wirkt, und sanft, aber durch die Säure nicht einfach nur lieblich, sondern ausgewogen schmeckt. Im Gegensatz zu vielen anderen Daiginjo-Sake wird der Kura no Hana auch beim zweiten Glas nicht langweilig oder zu süß. Das ist das Ergebnis von viel liebevoller Handarbeit. Ich mag dazu ein Jakobsmuschel-Carpaccio oder ganz zartes, helles Hühnchen.

Brauerei: Ichi no Kura
Name: Kura no Hana
Typ: Daiginjo
Alk.: 15 %
SMV: +2
RPR: 50%
Säure: 1.7
Aminosäure: 1.3
Reis: Kura no Hana (aus Anbau ohne Kunstdünger und mit minimalem Pestizideinsatz)
Präfektur: Miyagi


Heinzelcheese sagt:
Feine süße Melone in der Nase, sehr rund und wortwörtlich geschliffen (ich habe inzwischen gelernt, dies als Merkmal von Daiginjo-Sake zu erkennen), was sich am Gaumen mit einer feinen, angenehmen Süße fortsetzt und in eine Ahnung von weißer Schokolade und Mandelsulz übergeht, ganz weich und leicht, dezent getragen vom Alkohol – so weiß und hell wie der erste, frische Schnee in einer Winternacht und dabei so liebevoll einhüllend wie der laktische warme Duft in einer Käserei und das Gefühl von noch warmem Schafsricotta auf der Zunge… Also nochmals: wow.

Und auch hier hatte Serendipity alles gerichtet, denn zu den Käsen für dieses Geschmackslabor gehörte auch: Aurélie. Noch ein Ausnahmekäse, dieses Mal aus Limburg in Belgien und Ziegenmilch, aber ebenfalls Rohmilch und Handarbeit, von der Käserei Karditsel. Ähnlich zart und schmelzend in der Textur wie die Blume der Brauerei, die Würze der Milch auf perfekter Augenhöhe mit Frucht und Süße im Glas; ein ungemein elegantes Paar, ein Schmuckstück für jegliche Festivitäten .

Wenn Ihr Interesse an den beschriebenen Sakes habt, dann kontaktiert Walter! 

Das ist eine neue monatliche Serie, die Ihr hier abonnieren könnt, und hier könnt Ihr lesen, wie alles begann, mit Walter und mir und dem Sake und dem Käse… viel Spaß!

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.