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Je komplizierter das große, weite Leben da draußen sich gestaltet, desto übersichtlicher und geradliniger hab ich es gerne in meinem unmittelbaren, beeinflußbaren Umfeld, sprich: im Glas und auf dem Käsebrett. Übersichtlich im Sinne von „kein Schnickschnack“. In jeder Hinsicht gute Milch, ohne viel Fisimatenten in Käseform begleitet. Wie dieser Camembert vom Biohof Turnow.


Zwei Autostunden südöstlich von Berlin, kurz vor Peitz erwecken Arne und Caro Rost seit 2013 (mit mittlerweile vier Kindern!) eine alte Hofstelle zu neuem Leben. Wozu neben sehr glücklich wirkenden, freilaufenden Legehennen zwei entspannte, aber stolze Hütehunde und eine Rinderherde wie aus dem Bilderbuch gehören. Viel Schwarzbraunes Niederungsvieh, etwas Original Braunvieh. 20 Milchkühe mit ihrer Nachzucht, die ganz lange bei den Müttern bleiben dürfen, so wie auch Bruderhähne hier eine Selbstverständlichkeit sind. Offener Stall, viel viel Weide und frisches Zeug – das ergibt groß-ar-ti-gen Quark und eine Reihe schlichter Käse. Camembert: mit frischer Säure, die die Üppigkeit der Milch trägt. Im Selbstbedienungsladen in Turnow, freitags auf den Markt in Königswusterhausen oder am Samstag auf der Domäne Dahlem. Da lernt Ihr dann auch Arne kennen, der „einfach schon immer“ Bauer werden wollte. Halleluja. Den Käse macht Caro – Frauensache.
Was auch für den Wein gilt, Chenin Blanc vom Western Cape in Südafrika: 2024 Sisters: „gemacht“ von Kosie van der Merwe, aber gewidmet seinen Töchtern. Ganztraubenpressung, im Fass vergoren, nach sechs Monaten im Container an die Mosel verschifft (wo Kosie beim Staffelter Hof als Kellermeister arbeitet) und dort unfiltriert abgefüllt. Ohne… siehe oben. Ob man das jetzt natural oder was auch immer nennt, ist das Ergebnis eine mehr als angenehme Balance von diskreter Frucht und herbtrockener Art, für fröhliche und nicht so fröhliche Momente, vor allem auch zu Käse, und hier zu bestellen. Auf Kosies T-Shirt auf dem Etikett von Tyra Engstrom steht:
protect your daughterseducate your sons
„This is the first wine we ever labelled with real people on it,“ schreiben er und seine Frau dazu, „Kosie, with our 2 daughters. Our hope for them is that they will grow up in an environment where they can express themselves for who they really are and have the freedom to do whatever burns inside them.“


Dazu als Lesestoff (Sommerurlaub!) die Geschichte einer außergewöhnlichen Frau, aufgeschrieben von einem Mann (gegen Männer ist ja mal grundsätzlich nichts einzuwenden ;), James Rebanks. Der hat vor zehn Jahren mit The Shepherd’s Life über sein Leben als Bauer im Lake District zu Recht Furore gemacht, arbeitet daneben für die Unesco im Bemühen um nachhaltigen Tourismus – und war an einen Punkt kurz vor dem Burn-Out gelangt. Daraufhin verbrachte er einen Sommer auf einer der Inseln im norwegischen Vega-Archipel am Polarkreis bei Anna, einer älteren Norwegerin, die sich dort seit Jahren um Eider-Enten „kümmert“. In äußerster Abgeschiedenheit und Einsamkeit. Das Buch, The Place of Tides (Ende August auch als Insel am Rand der Welt) hat viel mit Genügsamkeit und Selbsterkenntnis zu tun, und es ist sehr schwierig, daraus etwas zu zitieren, ohne daß das salbaderisch klingt. Vielleicht dies, James‘ Gedanken als sie am Ende des Sommers die Insel verlassen:
The island and the wild things are never fully known. There is no end to learning. Anna knows that, and, now, so do I. When we were young, the old folk seemed to know everything. I had imagined that there was a moment when you felt wise, that you had learnt it all. She looks over at me, smiling, as though she can hear the thought. We are all just children. We never know enough, not even the half of it.



In eigener Sache, zum immer weiter lernen: Parmigiano Reggiano in der FINE, Foodpairing zu Weinen vom Balaton in der Vinum. Der Hinweis auf den nächsten Heinzelcheesetalk am 27. Juni (morgen!), wo es um die Horizonterweiterung in regionaler Nähe gehen wird (mit Turnow-Käse!). Am Samstag (übermorgen!) um 14h dann Wer is(s)t was in Berlin?, ein kulinarisch-kultureller Talk beim Tag der Offenen Türen der Markthalle Neun. Und der nächste Heinzelcheesetalk am 25. Juli… genießt den Sommer, trotz alledem.