Heinzelcheesetalk #88: Anton macht Ke:s. In Wien. Und wir probierten ihn. In der Markthalle. Am Freitag, 8. April 2022.

Mit dem Frühling kommt auch die erste Ahnung von grünen Wiesen, Kühen darauf, Berge rundherum… ist natürlich noch viel zu früh, da oben in den Alpen liegt noch Schnee, vor Ende Mai nix zu machen. Aaaber es gibt ja konservierte Bergwelt, Alpweidenlandschaft und den Sommer-Soundtrack der Kuhglocken in Form von Käselaiben! Und von denen hatte Anton Sutterlüty, Künstler und Käser und Reife-Maestro aus Wien beziehungsweise dem Bregenzerwald eine wunderbare Auswahl an Probestücken mitgebracht, von sechs bis zu 36 Monate gereift, und ich hatte noch einige andere entsprechende Käse.

Im Glas dazu: Riesling! Wie alteingeschmeckte Heinzelcheesetalker wissen, eine meiner Lieblingskombos in Sachen Käse und Wein. In beiden Fällen beschäftigten wir uns auch mit dem Thema Zeit und Reife, und dem möglichst vollständigen Übertragen einer Landschaft aufs Käsebrett und ins Glas. Wir begannen wie immer mit Bubbles im Glas, Riesling-Sekt von Wegeler aus dem Rheingau, ein echter Klassiker, dazu den würzigen Ukraine Alp Blossom der Kaeskuche bzw. Hofkäserei Kraus im Allgäu. Dann ging es los mit Antons Gepsenkäse (zu dieser alten Methode des Käsens lest Ihr am besten Anton selbst): 4-6 Monate alt (vom Vorsaß Rehberg) noch verhalten, aber schon dicht, 7-9 Monate (von der Alpe Untere Falz) dann bereits so ausdrucksvoll, daß Ihr zuerst Zweifel hattet, ob dieser Käse nicht schon älter sei. Noch balancierter und voller Charakter 10-12 Monate, von der Sennerei Mühle in Egg, aber ebenfalls bei Anton gereift. Zum Vergleich hatte ich 12monatigen Bergkäse von der Sennerei Schnepfau mitgebracht: auch sehr gut, aber deutlich weniger aussagekräftig, „leichter“. Im Glas waren wir vom sehr trinkigen 2020 Unplugged von Martin Tesch von der Nahe zu seinem 2017 Karthäuser übergegangen.

Es folgte mit etwa 18 Monaten der eher leise Käse der Alpe Loch, aus der schattigen Seite des Lecknertals. Familie Fuchs arbeitet ebenso traditionell wie Anton, mit Gepsen, Molkenkultur und dem Lab der eigenen Kälber, und schmiert die Laibe auch ebenso zurückhaltend. Den 2018 Natural Riesling von Alex Gysler aus Weinheim/Rheinhessen dazu Ihr erst etwas befremdlich (naturtrüb, sehr wenig Schwefel), mit dem Käse machte er dann viel mehr Sinn.

Schließlich ein Trio deutlich gereifter Käse von Anton: 16-18 Monate (von der Alpe Untere Falz) vielleicht der Höhepunkt des Abends, zusammen mit dem grandios gereiften und zugleich noch ganz jungen 2016 Hundertgulden von Tobias Knewitz aus Appenheim/Rheinhessen. Beide sehr gelassen und selbstbewußt, aber in keiner Weise aufdringlich. Hier fiel erstmals das Stichwort Umami, beim 22-24 monatigen Käse (Sennerei Mühle) trat dies noch stärker zum Vorschein, das war nun definitiv nicht mehr Käse „zum aufs Brot“ ;) – und der drei Jahre alte (ebenfalls Sennerei Mühle) ein echtes Konzentrat, in kleinen Bröckchen zum 2017 Scharzhofberger Kabinett feinherb von der Saar von Reichsgraf von Kesselstatt begleitete er die lebendige Frucht mit viel Würze.

Als Joker hatte ich dann noch ein Stück Alpencheddar von der Kaeskuche mitgebracht, das durch das Vakuumieren stark zur Romadur-Aromatik neigte, aber vom cremigen 2013 Mosel-Kabinett von Nick Köwenich aus der Leiwener Laurentiuslay erfolgreich gebändigt wurde.

Schön wars mit Euch. Danke. Hier wie versprochen noch etwas zu lesen von Anton, zum Thema Sennen und Singen – und hier nochmal der O-Ton der Alpen…

HeinzelCheeseTalks finden (hoffentlich weiterhin regelmäßig!) rund einmal im Monat an einem Freitag um 18h in der Markthalle Neun in Berlin-Kreuzberg statt, an dem langen Tisch gegenüber vom Suff-Weinstand. Ich bringe spannende Käse mit, öffne ein paar Flaschen Wein, wir verkosten, reden, diskutieren, alles ganz entspannt (und größtenteils auf deutsch – obgleich wir es im allgemeinen auch schaffen, den einen oder anderen auf englisch “mitzunehmen”). Die Einladung geht etwa zehn Tage vorher an alle Abonnenten, die sechzehn Plätze am Tisch werden auf Reservierung per Email vergeben, die meinerseits spätestens am Samstag vor dem HeinzelCheeseTalk schriftlich bestätigt wird. Ich freue mich über einen freiwilligen Kostenbeitrag von fünfzehn Euro pro Käsegenießer (bar am Ende des Abends), wenn’s extra viel Spaß gemacht hat, dürfen es auch ein oder zwei Euro mehr sein… cheesiohoffen wir, daß die Welt zusammenhält und wieder zusammen findet.

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