Heinzelcheesetalk #55: Riesling trocken. Jung und gereift. Zum Käse! Freitag, 5. Oktober 2018

Riesling, trocken. Von Martin Tesch. Jung und gereift (der Wein, nicht der Winzer). Zum Käse! Das wollten wir dieses Mal so richtig unter die Lupe nehmen… Reife, also der Faktor Zeit, spielt sowohl beim Käse als auch beim Wein eine wesensverändernde Rolle. So einiges wird da ab- und umgebaut und präsentiert sich daher immer wieder anders in Textur und Geschmack. Ihr kennt das: ein junger, milder, elastischer Käse verwandelt sich über kurz oder lang (so frau ihn läßt) in einen cremig laufend duftenden, oder einen knusperkristall-bröckeligen. Frisch abgefüllter Riesling ist oft ganz von knackiger Säure und Fruchtaromen geprägt, während er sich später sortiert, an Steine, Heu oder Tabak erinnern kann, die Säure oftmals eleganter wirkt. Ähnlich wie bei uns Menschen – wir werden nicht alle im Alter weiser, aber doch hoffentlich gelassener und offener.

Wir beschäftigten uns also in diesem Heinzelcheesetalk damit, wie sich die Beziehung zwischen trockenem Riesling und ganz unterschiedlichen Käsen mit dem Alter des Weins verändert. Und zwar nicht irgendwelcher trockene Riesling, sondern die Charakterweine von Martin Tesch aus Langenlonsheim an der Nahe (die bei Bingen von Süden kommend  in den Rhein fließt).

Wir mußten natürlich wie üblich erst einmal mit Nicht-Tesch-Bubbles auf den Freitagabend anstoßen, doch dann ging es los mit dem Gutsriesling, dem frischen, schlanken 2017 Unplugged. Und gleich darauf der direkte Vergleich zwischen 2016 und 2012 Krone (einer von Löß, Lehm und verwittertem Sandstein geprägten Lage) und sechs- und zwölfmonatigem Gruyère – Euch gefielen der ältere Käse und der jüngere Wein. Richtige Begeisterung kam dann mit dem sehr jugendlich wirkenden 2012 Löhrer Berg auf, dessen von Flußkies und Lehm dominierte Böden gut mit Wasser versorgt sind. Beim Käse gingen wir zum Schaf über, mit dem jungen, säurefrischen Pecorino Dolce von Argiolas im Süden Sardiniens und dem schiefrig bröckelnden Pecorino Sedilese aus dem nördlichen Zentrum der Insel. Beides war auch spannend zum 2016 Königschild, wo der Muschelkalk den Ton angibt und für reife Säure und eine gewisse Stämmigkeit sorgt. Der Zufall hatte uns außerdem eine Flasche 2015 Königschild beschert (danke, Ihr Suffköppe!), der etwas zitroniger und saftiger wirkte, und zu dem ich es wagte, Euch Roquefort auf die Brettchen zu legen – auf Eure Offenheit hoffend. Die absolut vorhanden war, Kompliment! Es muß nicht immer Sauternes, also Süßwein zum blauen Schafskäse sein; der Riesling war erfrischend und mochte die süße Würze im Käse.

Zurück zu 2016, mit der vulkanischen, tiefen Aromatik des St. Remigiusberg, einer kleinen Monopollage im Kartäuser. Viel zu jung, und mit dem eher rustikalen und etwas salzigen Kashkaval-Schafskäse aus Albanien eine ziemlich Herausforderung! Die Ihr bestens gemeistert habt. Der 2012 Kartäuser, mit der Würze roter Sandsteinböden, vertrug sich bestens mit dem ersten von drei Vertretern der großen Familie der Tulum-Käse, für die gepreßter und gesalzener Sauermilchquark in Ledersäcke oder anderweitige Behältnisse gestopft wird und so mehrere Monate reift. Der Kargı Tulum aus dem Norden Anatoliens war von einer leisen Üppigkeit, die von feiner Säure getragen wurde und dem Wein ein wunderbarer Begleiter. Der Bastırık, ein nahezu ausgestorbener Käse (über den Ihr in meinem Buch mehr lesen könnt), kam etwas kräftiger und erdverbundener daher und tat sich ein bißchen schwer zum ansonsten sehr ansprechenden 2011 Kartäuser, der nahezu zeitlos wirkte. Der Mishavinë aus dem Norden Albaniens war zwar ziemlich salzig und konzentriert, tat sich aber leichter.

Zum Abschluss schenkte ich Euch noch den 2013 Karasakız von Suvla aus Gallipoli in der nördlichen Ägäis ein, reif und rund und doch nicht schwer – wie Martin Tesch Rieslinge…  Zeit hilft. Manchmal. Cheerio!

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