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Käse-Entdeckung – das gehört natürlich relativiert: ich hatte einfach keine Ahnung. Aber deshalb ist es ja so wichtig, sich mit offenen Sinnen in der Weltgeschichte zu bewegen, um „Neues“ zu „entdecken“. In diesem Fall beim jährlichen Treffen der Nordic Cheesemongers in Almnäs Bruk am Vätternsee (wo Thomas Berglund den Wrångebäck und andere großartige Käse macht, davon an anderer Stelle mehr), inmitten einer tollen Gruppe von dänischen, finnischen, norwegischen und selbstverständlich schwedischen Käsemenschen mit ein paar geladenen Gästen aus Frankreich, Polen, Italien, inklusive Eurer Heinzelcheese. Ziel der Gruppe ist es, mehr Bewusstsein für die Käse des Nordens zu schaffen – das hat bei mir nicht nur offene Türen eingerannt, sondern auch meinen Horizont beträchtlich erweitert.
So, lange Einleitung, hier ist der Käse, der Best of Nordic Cheese 2025: Alva von Vitageten. Vitageten, wörtlich die weiße Ziege, das sind Staffan und Kelai Hjort, die in Linderöd, eine knappe Autostunde nordöstlich von Malmö, ja, klar, Ziegen halten. Wenn die Ziegen keine oder nicht genug Milch geben, verarbeiten sie außerdem Kuhmilch von einem Hof in Stockamöllan. Es gab viele gute und beeindruckende Käse bei den Nordic Cheesemongers, aber der Alva stellt wirklich etwas Besonderes dar: ein laktischer Käse, die Milch also vor allem durch die Aktivität der Milchsäurebakterien dickgelegt, ist der kleine Zylinder von der dichten, quarkigen und dabei doch ganz feinen Textur geprägt, die Säure lange tragend, die Aromen eine tolle Balance von Frische und Reife – beim Wein würde ich an dieser Stelle außerdem von Mineralität sprechen. Ich wäre am liebsten sofort nach Linderöd gefahren und hab mir auch fest versprochen, das bei allernächster Gelegenheit zu tun, um all die anderen Vitageten-Käse, die Tiere und Menschen dahinter kennenzulernen. Leider keine Bezugsquelle hierzulande.


Wein dazu, pop, pop, pop: 2022 Orientale Sicula von Etnella. Aufmerksame Heinzelcheese-LeserInnen wissen, dass ich ein großer Fan von Davide Bentivegna und seinen Weinen von den Hängen des Ätna bin. In diesem Fall ist es ein Rosé, eigentlich ein Orange, aus roten Nerello Mascalese und ein paar weißen Trauben aus einer Einzellage, mit sechs Stunden Maischestandzeit für gerade die richtige Menge Gerbstoff – und Farbe!!! Stellt jeden Aperol Spritz in den Schatten, mit großartiger Frucht und viel herbem Säureunterbau. Fantastisch zu Käse, nicht nur weißen, laktischen, sondern auch blauen. Kaufen: hier (habe beschlossen, Euch in den Heinzelnews ab sofort Bezugsquellen zu nennen, so weit möglich; das ist aber bitte einfach nur ein Service, ich bin mit diesen HändlerInnen in feinster Weise verbandelt!).


Farblich dazu passend (reiner Zufall) der Lesestoff des Monats: The Uncertainty Mindset von Vaughn Tan, in etwa: sich innerlich auf Ungewissheit einstellen. Erstmal vorab: liest sich wesentlich einfacher, als der akademische Background des Autors vermuten ließe, der in Harvard promoviert hat und als Berater in Innovationsmanagement, Produktstrategie und Organisationsdesign tätig ist. Ist nämlich auch ein Wein- und Foodfreak, und ich habe ihn vor vielen Jahren bei einer Gastroveranstaltung in Dänemark kennengelernt, als er für dieses Buch recherchierte. Zehn Jahre lang hat er mit den Köchen gearbeitet, die im Noma und der Fat Duck, bei Ferran Adrià, the Modernist Cuisine und José Andrés‘ World Kitchen ständiges neues Terrain erforschen. Er unterscheidet zwischen Ungewissheit und Risiko und plädiert dafür, Ungewissheit aktiv als Chance zu nutzen, um mithilfe offen formulierter Ziele und modularer Aufgabenstellungen statt fester Arbeitsplatzbeschreibungen anpassungsfähig und beweglich zu bleiben, unterlegt mit sehr spannenden Eindrücken aus den oben genannten Küchen. Ich finde den Ansatz ausgesprochen hilfreich. Gibt es neu oder gebraucht hier.



Von meiner Wenigkeit zum Lesen gegessener Käse (fliegende Ziegen aus Madrid!) in der Effilee, Foodpairing zum Soave (immer noch unterschätzt) in der Vinum, ein Portrait von Kai Schätzel und Jule Eichblatt (Anpassung und Innovation – siehe oben!) in der Slow Food. Und der Hinweis auf den nächsten Heinzelcheesetalk am 27. Juni, wo es diese Mal nicht in weite Ferne, sondern um die Horizonterweiterung in regionaler Nähe gehen wird; Einladung folgt wie immer. Am Samstag, den 28. Juni um 14h dann Wer is(s)t was in Berlin?, mein kulinarisch-kultureller Talk beim Tag der Offenen Türen der Markthalle Neun. In der Zwischenzeit der Hinweis, dass die neue Pick’n Cheese-Käsebar am Potsdamer Platz schon mal ein guter Schritt in Sachen Horizonterweiterung ist und den Besuch unbedingt lohnt. Trotz aller Widrigkeiten in der Welt offen und beweglich bleiben – das wünsche ich Euch.
PS Noch was für die Ohren: The Europeans ist ein Podcast, der sich mit Journalismus, Demokratie, LGBTQ+ Politics und Food in Europa beschäftigt, ich durfte mich mit ihnen über Spargel unterhalten (37“).
