Heinzelcheesetalk #69: Dänemark! Und ein bißchen Schweden… Freitag, 24. Januar 2020

Achtung, sehr ichbezogener Einstieg: Ich war in Kopenhagen, im Noma. Hach. Zum dritten Mal, nach zehn Jahren… und ja, das ist auch in seiner neuen Inkarnation ganz wunderbar, und ja, ich war eingeladen, und nein, diese Brutstätte der gastronomischen Innovation in ihrer besten Form ist immer noch keine Käse-Hochburg. Ich wünschte, René Redzepi und sein großartiges Team würden da ähnliche Impulse geben wie für Gemüse und Meeresgetier – aber wir arbeiten dran (mehr dazu im nächsten Käse des Monats).

Weniger ichbezogene Fortsetzung: ich war für Euch in den einschlägigen Käseläden der schönen, pulsierenden, ambitionierten Hauptstadt des Hygge. Auch ohne Noma-Input hat sich da viel getan, seit die rotweißkarierte Karoline-Pappkuh 1964 auf der Grünen Woche ihre Premiere hatte, Dänemarks Antwort auf Frau Antje aus Holland. Karoline ist mittlerweile mit schwarzweißem Kuschelfell (hygge!) für den Milchriesen Arla unterwegs, in unseren Bio-Theken liegen die wirklich guten Käse der Thise Mejeri, und… alles weitere erkundeten wir zusammen bei diesem Heinzelcheesetalk.

Wir begannen mit zwei Vertretern der klassischen dänischen Landschaft (die übrigens zu sehr großen Teilen auf Kuhmilch basiert): Danbo, die ich bei Søren Kirkegaard im Ostekaelderen gekauft hatte, dem angeblich ältesten Käseladen Dänemarks. Jens Langkniv von der Dybbaeksdal Mejeri ist nach einem legendären „Robin Hood“ benannt, reift in einer Kalksteinhöhle in Nordjütland und bot mit 45% Fett eine schöne Balance zwischen milchiger Üppigkeit und dem „Bauernhof-Aroma“ der rotgeschmierten Rinde. Zusammen mit dem Chardonnay Brut von Zimmer-Mengel aus (Nord;) Rheinhessen ein guter Einstieg – und auch der zweite, gereifte, beinahe mürbe schmelzende Danbo mit Kümmel gefiel Euch, weil das Aroma der Gewürzkörner ganz in den Käse integriert war. Flaschengereifter 2015 Weißburgunder vom Weingut Kampf in Rheinhessen fügte sich da gut ein.

Aber was gibt es nun Neueres, Kleinteiliges in den Käsetheken? Das Noma-Team hatte mich auf meine Frage nach Käsehändlern (zu meiner Überraschung) zu einer der Arla-Unika-Verkaufsstellen geschickt, in die Torvehallerne. Die Unika-Reihe des Konzerns umfaßt neu entwickelte Käse, die von einzelnen Arla-Käsereien erzeugt werden. Der Hvide Dame, die weiße Dame, ist ein buttriger Doppelrahm-Weichkäse mit Weißschimmel, den Ihr als „cremig-lecker“ durchaus mochtet, ein Schmeichler, wie eine große, weiche Daunendecke. Die ebenfalls üppige grüngelbe Frucht des Sauvignon Blanc Myra vom Ansitz Waldgries in Südtirol ließ sich davon (dank 14% Alkohol) nicht einschüchtern.

Das nächste Paar ging wesentlich mehr in die Tiefe. Der Camembert fra Møn von der Hårbølle Mejeri war sehr fortgeschritten in der Reife, dadurch ebenso von Rotschmiere wie von Weißschimmel geprägt und ein auf der Zunge schmelzendes, großartiges Umami-Konzentrat, voller Waldboden, Pilzen und einem Anflug von Dulce de Leche – echter Charakter. Der Kalkundkiesel von Claus Preisinger aus dem Burgenland, eine Cuvée aus Chardonnay, Weißburgunder und Grünem Veltliner, unfiltriert, ohne Schwefelzusatz und mit nur 12% Alkohol begegnete ihm voll und ganz auf Augenhöhe, und niemand am Tisch hätte protestiert, wenn wir uns mit den beiden noch viel länger beschäftigt hätten…

Der Nordlys (das Nordlicht) von Arla Unika war ganz gezielt mit Rotschmiere gereift, nett, mit dem typischen, lustigen Sandgeknirsche solcher Rinden, wiederum „cremig-lecker“ – und eine schöne Überleitung zum Granbarksost der Jürss Mejeri aus Schweden. Den hatte ich an einem anderen, sehr empfehlenswerten Stand in der Torvehallerne gefunden, Omegn og Venner (Umwelt und Freunde). Jürss liegt in Hälleforsnäs, etwa 1,5 Autostunden westlich von Stockholm. Kerstin und Claes Jürss verarbeiten seit 25 Jahren die Milch von lokalen Öko-Bauern zu handwerklichen Käsen. Der Granbarksost reift in einem dünnen Fichtenrindenring wie der Vacherin Mont d’Or und wird rotgeschmiert. Die harzigen Aromen am äußeren Rand erinnerten an Senf und verbanden sich mit der Rotschmiere zu einem richtigen Waldmärchen – wow. Der rote Pure von Andi Knaus aus Weinstadt in Württemberg (danke Wernher!) leuchtete dazu wie Rotkäppchens Kapuze…

Der Gammel Knas von Arla Unika, ein breit distribuierter, mindestens zwei Jahre gereifter Havarti, holte uns zurück in die Wirklichkeit (die ja an unserem Tisch gerade auch nicht übel war): fest und weich zugleich, mit vielen Kristallen, leicht salzig und auffallend süß – noch ein Gaumenschmeichler, der ganz offensichtlich als Crowdpleaser konzipiert wurde. Daran ist nichts auszusetzen; ich war trotzdem richtig stolz auf Euch, daß Ihr den darauf folgenden Rå Hathor von der Osteriet Hinge aus Kjellerup deutlich vorzogt. Ein gereifter Hartkäse, ohne Löcher, mit einer beinahe neutralen Naturrinde – einfach so richtig gute, richtig erwachsene (rohe) Milch. Mit dem folgenden etwas wild (ungleichmäßig) gereiften Hodde Kristian aus dem selben Haus wurde klar, daß man sich den Namen dieser Käserei merken sollte. Danke, Omegn og Venner!

Wir tranken dazu erst sehr fein gereiften Kalecik Karası von Kayra aus Nord-Anatolien, und dann, richtig aus dem Norden, nämlich von der Insel Lolland, den wunderbaren Sparkling von Frederiksdal, aus den dort heimischen Stevnsbær-Kirschen (und etwas Birne), voller Frucht und frischer, saftiger Säure – Ihr wart mehr als positiv überrascht. Danke Martin! Und noch mehr beeindruckt von dem Reserve-Wein, ebenfalls von Frederiksdal, und komplett aus Stevnsbær-Kirschen: über zwei Jahre im Holzfass gelagert, ganz leicht mit eigenem Kirschdestillat angereichert, tiefrot, dicht, komplex… und ziemlich cool zum letzten Käse, dem ähnlich faszinierenden Sörmsland Ädel von Jürss.

Danke, cheesio, hej og ses snart, du elsker!

HeinzelCheeseTalks finden rund einmal im Monat an einem Freitag um 18h in der Markthalle Neun in Berlin-Kreuzberg statt, an dem langen Tisch gegenüber vom Suff-Weinstand. Ich bringe spannende Käse mit, öffne ein paar Flaschen Wein, wir verkosten, reden, diskutieren, alles ganz entspannt (und größtenteils auf deutsch – obgleich wir es im allgemeinen auch schaffen, den einen oder anderen auf englisch “mitzunehmen”). Die Einladung geht etwa zehn Tage vorher an alle Abonnenten, die sechzehn Plätze am Tisch werden auf Reservierung per Email vergeben, die meinerseits spätestens am Samstag vor dem HeinzelCheeseTalk schriftlich bestätigt wird. Ich freue mich über einen freiwilligen Kostenbeitrag von fünfzehn Euro pro Käsegenießer (bar am Ende des Abends), wenn’s extra viel Spaß gemacht hat, dürfen es auch ein oder zwei Euro mehr sein… cheesio!

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