HeinzelCheeseTalk zum Dreiundzwanzigsten: Käsiges aus London. Freitag, 4. März 2016

Brexit hin oder her (manchmal spinnen sie wirklich, die Briten): auf der Insel gibt es großartige Käse. Das wißt Ihr natürlich, als käse-affine, aufgeweckte Zeitgenossen. Ihr geht zu Knippenbergs und kauft Montgomery’s Cheddar und freut Euch über Stichelton bei Maître Philippe. Und Ihr seid ein bißchen traurig, daß Ihr hier nicht mehr von all den vielen handwerklichen Köstlichkeiten findet, die vor allem Randolph Hodgson mit seinem großartigen Londoner Unternehmen Neal’s Yard Dairy seit Jahrzehnten so tatkräftig fördert. Aber deshalb lest Ihr ja diese Zeilen – und seid zu diesem HeinzelCheeseTalk gekommen! Ich meinerseits kam direkt vom Flughafen aus London, mit soviel Käse, wie Koffer, Finanzen und die Security zuließen.

UK cheese map

Zum Auftakt gab es erst einmal English Bubbles, von Furleigh, die Euch allen gefielen. Dazu zwei urtypisch englische Käse: der in Brennesselblätter eingekleidete Cornish Yarg aus Cornwall und Gorwydd Caerphilly. Beide Kuhmilch, „trocken“, krümelig und säuerlich, von der Machart quasi Express-Cheddar-Typen, die Ihr allesamt gerne öfter erleben wolltet. Danach kamen drei kleine runde Kerle auf Teller und Zungen, sämtlich aus Rohmilch und mit natürlichem Lab, aus Somerset. Bartlett aus Schafsmilch noch ganz jung, sehr niedrig im salz, wenig Säure, mit einer ruhigen, dichten Milchsüße, die wie ein tiefer Fluß wirkte. Der ganz ähnlich aussehende Stawley aus unbehandelter Ziegenmilch kam sehr ähnlich daher und war doch viel lebhafter, bewegter und nach hinten würziger. Vier Monate gereift heißt der gleiche Käse Greenham. Er splitterte leicht und war doch nicht trocken, die grausamtige Rinde mit wunderschönen Kelleraromen, der Teig keine Spur von Schärfe.

UK cheese plate

Im Glas waren wir nach dem dezent zurückhaltenden Narince aus der Türkei und dem um so lebhafteren 2012 Remigiusberg Riesling von Tesch bei einer echten Keller-Trouvaille, dem 1999 Ried Klaus Riesling von Jamek aus der Wachau, und es war eine große Freude, diesen super elegant gereiften Schatz mit Euch zu teilen. Dann roter Stoff: 2012 Lemberger GG von Wachtstetter aus Württemberg, der sich zum nächsten Käse als Volltreffer erwies. Der Old Ford ist Mary Holbrooks besonderes Baby, und es ist ein kleines Wunder, wie sie es schafft, sechs Monate gereiften Ziegenhartkäse derart fein zu balancieren. Wir vergnügten uns weiter mit zwei Südfranzosen im Glas (danke Wernher und Gabi!) zum roten Leicester (genau: der ist rot. Cheddar nicht.) Und dann, finally, Beenleigh Blue, Schafskäse mit Roquefortkulturen aus Devon: da waren wir wieder beim Bröckeligen, und doch war alles ganz anders, nämlich zugleich kremig und süß, lang und dicht… Der 2008 Madre aus Öküzgözü und Bogazkere (ja, noch ein türkischer Wein von Kayra) war dem weißblauen Charmeur aus Devon mehr als gewachsen, erinnerte uns an viele getrocknete Früchte, reifen Oloroso Sherry und Madeira – cheers, my dears!

bottle line-up

HeinzelCheeseTalks finden rund einmal im Monat an einem Freitag um 18h in der Markthalle Neun in Berlin-Kreuzberg statt, an dem langen Tisch gegenüber vom Suff-Weinstand. Ich bringe spannende Käse mit, öffne ein paar Flaschen Wein, wir verkosten, reden, diskutieren, alles ganz entspannt (und größtenteils auf deutsch – obgleich wir es im allgemeinen auch schaffen, den einen oder anderen auf englisch “mitzunehmen”). Die Einladung geht etwa zehn Tage vorher an eine Mailingliste, dann werden die Plätze am Tisch auf Reservierung vergeben. Oder aber Ihr versucht es direkt hier: wer schnell genug ist, ist dabei! Bitte sagt aber Bescheid, wenn Ihr dann doch nicht kommen könnt – es gibt immer eine Warteliste. Ich freue mich über einen freiwilligen Kostenbeitrag von zwölf Euro pro Käsegenießer, wenn’s extra viel Spaß gemacht hat, dürfen es auch ein oder zwei Euro mehr sein… cheesio!

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