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Es gibt diese Klischee-Kombinationen, die irgendwie „schon immer“ umhergeistern und immer wieder genannt werden. Zum Beispiel: Ziegenkäse und Sauvignon Blanc. Ursprung: Frankreich, Loire. Weil es dort den Crottin de Chavignol gibt, Chavignol im Sancerre liegt, und das Sancerrois für Weißweine aus der Sorte Sauvignon Blanc bekannt ist. Was zusammen wächst, harmoniert, lautet die Theorie. Naja, manchmal. Schließlich gibt es frische und gereifte Crottins, fade und ausdrucksvolle. Dito beim Wein – und in meiner Erfahrung sind das eher schwierige Begegnungen, die sich schon gar nicht verallgemeinern lassen.
Aber manchmal funktioniert’s dann eben doch, unerwartet (danke, Serendipity!). Akteure waren ein deutlich gereiftes Köhlerlaibchen vom Capriolenhof nördlich von Berlin und ein Sauvignon Blanc vom Balaton. Ersterer wirkte solo schon recht scharf und bissig, letzterer, 2019 Mogyorós von Robert Gilvesy, im ersten Moment reif und alkoholisch. Die Kombination zähmte beide und brachte ihre besten Seiten zum Vorschein, voller Charakter von der Landschaft der Schorfheide, dem täglichen Weidegrund der Capriolenhof-Ziegen, und den vulkanischen Böden, auf denen die Reben in der Lage Mogyorós am Szent György-hegy, dem St Georgsberg, direkt am Plattensee wachsen, geführt von Käserinnen- und Winzerhand.
Ich wollte das dann einige Tage später nachbauen, um für Euch darüber zu schreiben, worauf sich einmal mehr zeigte, daß sich eigentlich nichts im Leben wiederholen läßt… ein nicht ganz so gereiftes Capriolenhof-Köhlerlaibchen und der quasi „kleine Bruder“ vom Mogyorós, der 2022 Pixu Saba von Gilvesy, vertrugen sich ebenfalls hervorragend, betonten aber bei allem Charakter Frische und Lebendigkeit. Wer sich jetzt fragt, was mit mir los sei, weil ich sonst so gar nicht auf Sauvignon stehe: diese hier sind alles andere als grün, grasig und vordergründig, sondern (da ungeschwefelt, unfiltriert, spontan vergoren und eben vom Vulkan geprägt) dunkelgelb und erdig-flintig in ihrer Aromatik, die Säure reif… Herbstweine.
Dazu ein sehr außergewöhnliches Werk einer mexikanischen Dichterin und trotz der Restriktionen ihres Geschlechts äußerst gebildeten Nonne von 1691, auf das es sich einfach einzulassen gilt: Erster Traum und die Repuesta von Sor Juana Inés de la Cruz, teils in sehr freien Versen, ein erstaunliches, wildes Konglomerat. Auszüge sind eher schwierig, es wirkt in seinem Fluß, deshalb hier nur dies:
Auf diesem Stufenweg also gedachte
manchmal mein Geist forschend ans Ziel zu kommen,
zuweilen aber stockt er, fragt beklommen,
ob’s nicht vermessen sei, wenn einer trachte,
das All zu fassen, einer, der das Kleinste
noch nicht begriffen hat, nicht die gemeinste
Alltäglichkeit in einer Manufaktur
der wirkenden Natur…
Und weil sie manchmal auch einfach so witzig ist, noch das:
Um Euch ein getreues Bild meines Wissensdurstes zu vermitteln […] Ich erinnere mich, daß ich um dieselbe Zeit [als sie mit drei heimlich lesen lernte], obwohl mein Appetit so lebhaft war, wie er gemeinhin in jenem Alter zu sein pflegt, den Entschluss faßte, künftig keinen Käse mehr zu essen, weil ich gehört hatte, von Käse werde man blöde; die Wissbegierde obsiegte in mir über die Esslust, obgleich diese bei Kindern ja recht mächtig ist.
Außerdem zum Lesen ein ganzer Haufen von meiner Wenigkeit: im Slow Food Magazin über den Südtiroler Tröpftalhof, im Kalk & Kegel zum Thema Naturkäse und im FINE Weinmagazin ein Portrait des Salers aus der Auvergne, außerdem in der Zeitschrift Konfekt ein kulinarischer Roadtrip durchs Hinterland von Trondheim in Norwegen (wenn Ihr auf die Bilder klickt, seht Ihr sie größer).
Nicht von mir, sondern einer hochgeschätzten Kollegin an der amerikanischem Westküste, Janet Fletcher, die in ihrem Blog Planet Cheese vor kurzem schrieb: „It [The Gray von Mystic Cheese, Connecticut] won a blue ribbon at the American Cheese Society competition this year, a vindication for [cheesemaker Brian] Civitello after years of hearing from judges that his hard cheeses were flawed. They are not, but they are difficult to categorize and therefore easy to misjudge. Evaluated on its own merits, Mystic’s The Gray is, in my view, one of the most compelling new American cheeses.“ Das ist eine wichtige Beobachtung, nicht nur beim Käse.
Schließlich noch der Hinweis auf den nächsten Heinzelcheesetalk in der Markthalle Neun, am 18. Oktober, zum Thema Käserinden – wie entstehen sie, warum gibt es so viele, vollkommen unterschiedliche, was bedeuten sie (und natürlich auch: sind sie eßbar ;). Das ist quasi eine Sneak Preview auf die Cheese Berlin am 3. November, bei der dieses Thema im Mittelpunkt stehen wird. In beiden Fällen folgen die Einladungen nochmals zeitnäher. Weshalb mir hier nur bleibt, Euch hoffentlich viele schöne Herbsttage zu wünschen, trotz allem Holpern und Stolpern dieser Welt. Danke fürs Lesen und Begleiten.