Wenn Ihr das lest und die Heinzelnews noch nicht abonniert habt, könnt Ihr dies hier tun. For all those who had subscribed to an English version of any of my blogs: from now on I’ll be doing only this one monthly newsletter, in German, as there are now so many, and very good, online translation apps. Thanks for your understanding!
Verrückt, wie gefühlsmäßig eigentlich alles noch auf Sommer geeicht ist und die Tage doch schon wieder so spürbar kürzer werden. Ich stell mir vor, wie es wäre, in der Nähe des Äquators zu leben, wo jeder Tag gleich lang ist, das ganze Jahr über, und die Sonne morgens ruckartig einfach erscheint und abends zack-bumm verschwindet. Nicht meins. Abwechslung ist schön. Deshalb auch nach den frischen, weichen Käsen der letzten Heinzelnews heute harter, gereifter Stoff: Mängisch!
Ich war neulich auf einem Käse-Roadtrip einmal rund um den Bodensee (wobei ich den Bregenzerwald quasi ausgelassen habe, aber das hatte andere Gründe) und unter anderem, endlich in den kühlen Reifekellern von Jamei Laibspeis in Kempten. Sehen nach nichts aus, doch hinter dem Graffiti-Tor herrschen optimale natürliche Bedingungen, um unzähligen Laiben Hartkäse aus dem Alpenraum ihr volles, oftmals überraschendes Potenzial zu entlocken. Was Martin Rössle und sein Team wendend und bürstend, beobachtend und begutachtend tun, mit Hingabe. Ebenso wichtig: der enge Kontakt zu den Älplern und Käsereien, den eigentlichen Produzenten. Nur der beste Stoff, von den gesündesten Tieren und der am schonendsten verarbeiteten Milch eignet sich in Käseform zum langen Reifen. Mit dem Reifen ist es wie beim Wein: je kühler und langsamer, desto feinere, elegantere Aromen; und beim Käse auch: Texturen. Wie zum Beispiel beim Mängisch. Der zieht mit 12 Monaten aus den französischen Alpen nach Kempten um, genießt dort mindestens weitere 12 Monate die natürliche, kühle Feuchtigkeit und besondere Aufmerksamkeit. Warnung: der Genuss von Jamei-Käsen führt in vielen Fällen zu ungeahnt kritischer Beurteilung anderer Alpkäse… ;)
Mängisch bedeutet „manchmal“, und das passt auch zum 2020 Riesling mauerfuchs von Jakob Tennstedt aus Traben-Trarbach, eigentlich dem versteckten Kautenbachtal, an der Mittelmosel. Kühl, herb, ernsthaft. Extrem konzentrierter Stoff, der trotzdem nicht anstrengend oder protzig daher kommt, sondern den Intellekt fordert, mich ernst nimmt, statt zur Bequemlichkeit einzuladen. Jakob Tennstedt, Berliner Koch und Winzer-Quereinsteiger, macht es sich ebensowenig bequem im Weinberg und im Keller, die Weine entstehen aus dem Boden, durch die Reben, im Naturkeller… das Ergebnis (mit dem Wachs seiner eigenen Bienen versiegelt!) ist naturgemäß (ups, Wortspiel) nicht billig, aber günstiger als zum Beispiel ein Konzertticket. Mängisch eben. Den der Mauerfuchs (das ist eine Schmetterlingsart) aufs Feinste begleitet und ergänzt.
Mehr zu Tennstedt und einer Reihe anderer spannender Moselwinzer dann in der Herbst/Winter-Ausgabe der Effilee (und es gilt übrigens die gleiche Warnung wie oben beim Käse ;). Hier derweil schon der Hinweis auf Lesestoff in der aktuellen Vinum, Foodpairing zum Timorasso aus dem Piemont. Und, nicht von mir, und nicht auf deutsch, zwei Buchempfehlungen. Michele Rumiz, Direktor von Slow Food Travel, berichtet in La Grotta al Centro del Mondo von der Faszination der Tulum-Käse, die in Tierhäuten reifen (viele von Euch kennen einiges davon aus meinen Büchern und Heinzelcheesetalks), und seiner Reise zu ihren Ursprüngen in Anatolien (Divle!); gleichzeitig geht es aber auch um die politischen Verhältnisse in der Türkei. Le Parfum des Fleurs la Nuit der französisch-marokkanischen Schriftstellerin Leïla Slimani hingegen schildert eine Nacht, die sie im Museum in Venedig zubringt, dem alten Zollgebäude an der Punta della Dogana (auf Einladung der Fondation Pinault), ihre Gefühle und Gedanken, Erinnerungen und Konflikte ihrer Kindheit, Zwischendasein, Zweifel, Identität…
Quellen für all das findet Ihr selbst dank moderner Technologie, ganz analog treffen wir uns wieder am 27.9. zum nächsten Heinzelcheesetalk in der Markthalle Neun in Kreuzberg und widmen uns dem Schweizer Käse – weil ich in der Woche zuvor bei den Swiss Cheese Awards in Bern als Jurorin mitwirken darf und danach dem Tal der Emme einen Besuch abstatte. Einladung folgt wie immer separat! Tschüss, tschau, ade… bis gliiii.
Guten Tag Frau Heinzelmann,
eine Freundin hat mir von Ihrem Cheesetalk erzählt, der sie begeistert hatte.
Sehr gern würde ich am 27.9. in die Markthalle 9 kommen, zumal ich mich diesen Sommer auf einer Alp im Berner Oberland viel mit Käse beschäftigt habe.
Über eine Einladung und weitere Newsletter würde ich mich freuen.
MfG Regine Ulmer
Liebe Regine Ulmer – das freut mich zu hören! Am besten auf heinzelcheese.de fürs entsprechende Newsletter anmelden, denn an diese Liste geht etwa zehn Tage vorher jeweils die Einladung zu den Heinzelcheesetalks. Und dann freue mich auf ein Kennenlernen! Herzliche Grüße, UH
Wenn man Deiner Bericht liest fühlt man sich als mit Dir neben zu sein. Danke Ursula dass Du uns die Möglichkeit schenkt mit Dir zu reisen lässt auch ohne irgendwelche Bewegung unternehmen.
Liebe Daniela – es ist mir wirklich ein Bedürfnis und ein Vergnügen. Danke fürs Feedback.