Heinzelcheesetalk #82: Brutal lokal. Eine Bestandsaufnahme in Sachen Käse. Freitag, 3. September 2021. In der Markthalle Neun!

Wir haben weitergemacht. Und uns mal gründlich umgesehen in der allernächsten Umgebung! Ohne den Billy, der diesen Begriff mit dem Nobelhart und Schmutzig geprägt hat (und dort keinen Käse serviert – aber das ist eine andere Geschichte). Es ging also um Käse aus um Berlin drumrum, und zwar solche, die auch in Berlin erhältlich sind (und Wein, klar). Deshalb fehlten der Milchschafhof Pimpinelle, die Stolze Kuh (deren Käse es allerdings immer wieder, aber nicht zuverlässig bei Beet & Baum in der Markthalle Neun gibt) und die Schafgarbe aus Ogrosen (die stehen auf dem Chamisso-Ökomarkt, und ich hatte sie einfach nicht mit dabei, mea culpa).

Außerdem gleich mal vorweg: Ihr wart eine wunderbare Gruppe, eine super Mischung aus alten Hasen und neuen Käse-Aficionados – wir haben uns sehr konzentriert durch 13 Käse und 10 Weine gearbeitet, Kompliment.

Am Anfang, wie immer: Bubbles, Crémant de Bourgogne rosé, sehr vergnügt (danke Wernher!). Einstieg beim Käse war der Urstrom-Frischkäse aus Baruth (bei Alte Milch), der in seiner großartigen Jersey-Üppigkeit förmlich auf der Zunge schmolz. Dann das andere Extrem in Sachen Fett, die Leichte Marie vom Hof Marienhöhe in Bad Saarow (Chamisso-Markt), aus der entrahmten Milch vom Buttermachen, mit sehr viel Charakter für einen „leichten“ Käse. Gefiel Euch allen, auch zum herbfruchtigen 2019 Wilde Kerle Apfelwein vom Gutshof Kraatz in der Nordwestuckermark. Ganz anders im Glas der im Barrique ausgebaute, mit der Hefe abgefüllte AppelWien Farmhouse Cider von Kemker Kultuur aus Münster (danke Carina!), der Euch an Berliner Weiße erinnerte… Zu Herrenkäse, jungem Hartkäse und gereiftem Findling paßte das aber ganz gut, und es war spannend, die subtilen Unterschiede zwischen Schnitt- und Hartkäse und den Reifegraden zu beobachten.

Von den Äpfeln zu den Trauben: Ihr wart ebenso begeistert vom 2020 Silvaner Weißer Jura von Hedwig und Helmut Dolde aus Linsenhofen im Neuffener Tal in Württemberg wie ich, seiner Frische, Lebendigkeit, brutalen Lokalität…;). Auf den Brettchen dazu der Muh-Mäh aus Ogrosen, eine Kooperation zwischen Ziegen- und Kuhkäsern, als sanft rotgeschmierter Schnittkäse. Etwas gereifter, fester, kräftiger der Karolienhöfa aus Kremmen (Brandenburgerie im Kollwitz-Kiez). Wir gingen vom Silvaner zum Riesling über, mit dem 2018 Riesling Buntsandstein vom Weingut Born aus Höhnstedt bei Freyburg/Saale-Unstrut (danke Suff!), voller würziger Apfelfrucht.

Auf dem Bild unten fehlen die von mir ganz leicht nachgereiften, aber immer noch wie ganz frische Frischkäse wirkenden Crottins vom Ziegenhof Ogrosen (Chamisso-Markt), mit auffallend wenig Salz, während der Camembert aus der gleichen Milch ausgewogener war, und sehr fein, mit der nicht zu festen Weißschimmelrinde, der nahezu flüssigen Partie darunter und dem festeren Herz. Von Ogrosen am Spreewald ein großer Sprung zum Capriolenhof bei Fürstenberg an der Havel (bei Blomeyer oder freitags in Moabit). Die Hirtenknöppe waren ganz leicht aufgeheft und demonstrierten hervorragend, was ich Euch über die Ausnahmequalität dieser Milch erzählte, ein großartiges Abbild der Schorfheide-Landschaft. Der Zehdenicker Handstrich vom Capriolenhof (danke Carina!) war feinsäuerlich, fein gereift direkt unter der sehr aromatischen, leicht sandigen Rotschmierrinde und etwas quarkig bröckelig im Kern, der Ehm’s Welk, ein Schnittkäse, eine Wonne.

Wir begutachteten drei Keller-Trouvaillen, den 2013 Grauburgunder vom Weingut Töplitz bei Werder, den 2014 Trollinger Kleiner Nimbus vom leider nicht existierenden Garagen-Weingut Rux in Cannstatt und den 2011 Prokupac der Vinarija Ivanovic aus Serbien – alle drei waren überraschenderweise noch sehr vergnüglich, besonders zu den Käsen!

Der Blaue Lausitzer vom Ziegenhof Ogrosen läutete den Endspurt ein, eher mild und nur außen ganz leicht weißbläulich überzogen, innen hingegen mit angenehm feinknirschiger Asche marmoriert. Mit dem 2019 Roter Traminer Breitengrad 51 vom Weingut Böhme und Töchter gingen wir nochmals zurück nach Freyburg, duftig und vollsaftig zugleich… was auch eine ganz gute Beschreibung für die Regowtaler vom Capriolenhof war, die es gerade so zu Euch geschafft hatten, bevor sie endgültig zerflossen. Ein mehr als würdiger Abschluß an diesem Spätsommerabend, den wir dann noch mit einem Schluck 2019 Sangue di Giuda von Mon Carul aus dem Oltrepò Pavese feierten: rot, vivace, rosenrauchig – und auch dem gegenüber wart Ihr super aufgeschlossen. Cheesio, cheerio und danke, liebe Versuchskaninchen.

HeinzelCheeseTalks finden (jetzt hoffentlich wieder regelmäßig!) rund einmal im Monat an einem Freitag um 18h in der Markthalle Neun in Berlin-Kreuzberg statt, an dem langen Tisch gegenüber vom Suff-Weinstand. Ich bringe spannende Käse mit, öffne ein paar Flaschen Wein, wir verkosten, reden, diskutieren, alles ganz entspannt (und größtenteils auf deutsch – obgleich wir es im allgemeinen auch schaffen, den einen oder anderen auf englisch “mitzunehmen”). Die Einladung geht etwa zehn Tage vorher an alle Abonnenten, die sechzehn Plätze am Tisch werden auf Reservierung per Email vergeben, die meinerseits spätestens am Samstag vor dem HeinzelCheeseTalk schriftlich bestätigt wird. Ich freue mich über einen freiwilligen Kostenbeitrag von fünfzehn Euro pro Käsegenießer (bar am Ende des Abends), wenn’s extra viel Spaß gemacht hat, dürfen es auch ein oder zwei Euro mehr sein… cheesio!

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