HeinzelCheeseTalk zum Elften: Viva Parmesan und Freunde! Freitag, 13. März 2015

Ich war in Modena und in der Emilia-Romagna. Zum ersten Mal habe ich den guten alten Parmesan (der natürlich eigentlich korrekt Parmigiano Reggiano heißt) in seiner Heimat besucht! Die eine oder andere Scheibe Parmaschinken sowie Aceto Balsamico vom Feinsten hat es natürlich auch gegeben… Aber für Euch, meine treuen (und neuen) HeinzelCheeseTalk-Anhänger, habe ich soviel käsige Wonnen wie gepäcktechnisch möglich mit nach Berlin gebracht, um sie zusammen in der Markthalle Neun zu erschmecken und ergründen.

Ich hatte gehofft, noch ein paar andere Käse neben unserem bröckeligen Freund aufzutreiben, aber in der Emilia, rund um Modena, Parma und Bologna, dreht sich tatsächlich alles um die beinahe 40kg schweren runden Parmesanlaibe. Butter gibt es (wir hatten wunderbare, beinahe weiße von der Käserei San Michele) und frische Käse wie den Strachino, der aber kein entspannter Reisegefährte ist. Dafür gab es die ungemein leckeren Ciccioli, frittierte Schinkenstreifen, deren Suchtpotenzial zum Wein kaum zu überschätzen ist… Aber dann: Parmigiano, von unterschiedlichen Produzenten und aus der Milch von Kühen aller möglichen Farben: weiße (die alte Rasse Bianca Padana oder Modenese, sehr selten und nur von einer Käserei verarbeitet, Rosola), rotbraune (die Vacche Rosse di razza Reggiana, eine alte Dreinutzungslandrasse, die vor allem im Apennin noch gehalten wird) und, in der großen Mehrheit, schwarzweiße (auf größtmögliche Milchleistung gezüchtete Holstein-Friesians). In den bis zu 1200 Meter hoch gelegenen Hügeln des Apennin dürfen sie im Sommer auf die Weide, in der Ebene leben sie in Offenställen und bekommen Heu und Kraftfutter, aber keine Silage (was den Unterschied zum Grana Padano ausmacht, der daher auch meistens den aus Hühnereiweiß gewonnenen Konservierungsstoff Lysozym enthält, um eventuelle Fehlgärungen bzw. Löcher im Käse zu vermeiden).

Ich hatte Euch zwischen 24 und 36 Monate gereifte Käse verschiedener Produzenten mitgebracht – wie ich bei Ettore Ferrarini, der mit drei Milchbauer-Kollegen das Caseificio Poggioli führt, erschmecken konnte, gilt 24 Monate zu Recht als Einstiegsalter ins wahre Parmesandasein, jüngere Käse schmecken nett, aber beliebig; zuviel Babyspeck quasi. Nachdem wir uns einig waren, daß frisch vom Laib gebrochen (nicht geschnitten!) aromatischer schmeckt als die pragmatische Transportlösung des Vakuumverpackens, ging es richtig los. 24 Monate als Bioparmesan von Knippenbergs und von den Schwarzbunten von Poggioli war gut und paßte hervorragend zum Cava (danke Wernher!) und verschiedenen Müller-Thurgau (Hasennest von Christian Stahl aus dem Taubertal und Hohentwieler Olgaberg vom Staatsweingut Meersburg!). Favorit dieser Altersstufe waren aber die beiden Kandidaten aus dem Apennin, die ich in der ältesten Salumeria von Modena, Brandoli, und bei La Forma in der wunderschönen alten Markthalle der Stadt gekauft hatte, Albinelli.

30 Monate von Poggioli vertrug dann schon ein paar Tropfen Balsamico unterschiedlicher Konzentration von La Vecchia Dispensa in Castelvetro und den unfiltrierten bzw. nicht degorgierten Drei-Gläser-Lambrusco „Rimosso“ von Cantina della Volta aus Sorbara (den es in Berlin auch bei der Weinhandlung Suff gibt). Geradezu karamellig und süßlich 36 Monate gereift war der Käse von weißen Kühen vom Caseificio Rosola, für viele von Euch der Favorit, während der ebenso alte von den roten Kühen mein persönlicher Liebling war (beide von La Forma/Albinelli). Er vereinte fruchtig wirkende Lebendigkeit mit einer konzentrierten Abgeklärtheit, und ich hätte mich ewig mit ihm beschäftigen können. Im Glas dazu Riesling Brut-Sekt vom Weingut Pawis in Freyburg an der Saale – großartig.

Ein CheeseTalk also mit vielen Sprüngen über die Alpen und zurück im Glas – und einen sehr witzigen beim Käse ganz nach Osten, da mir in Modena jemand (mit einem Augenzwinkern) litauischen „Parmesan“ geschenkt hatte, den die goldige Geschichte eines indisch anmutenden, aber ganz Wiking-nordisch-gestylten Riesen umgab. Litauisch ist die einzige lebendige Sprache der Welt, die dem alten Sanskrit in irgendeiner Weise nahekommt, weiß ich seitdem. Grazie, Signore Parmigiano, e a presto, cari amici!

HeinzelCheeseTalks finden einmal im Monat an einem Freitag um 18h in der Markthalle Neun in Berlin-Kreuzberg statt, an dem langen Tisch gegenüber vom Suff-Weinstand. Ich bringe spannende Käse mit, öffne ein paar Flaschen Wein, wir verkosten, reden, diskutieren, alles ganz entspannt (und größtenteils auf deutsch – obgleich wir es im allgemeinen auch schaffen, den einen oder anderen auf englisch “mitzunehmen”). Die Einladung geht etwa zehn Tage vorher an eine Mailingliste, dann werden die Plätze am Tisch auf Reservierung vergeben: wer schnell genug ist, ist dabei! Bitte sagt aber Bescheid, wenn Ihr dann doch nicht kommen könnt – es gibt immer eine Warteliste. Ich freue mich über einen freiwilligen Kostenbeitrag von zehn Euro pro Käsegenießer, wenn’s extra viel Spaß gemacht hat, dürfen es auch ein oder zwei Euro mehr sein… cheesio!  

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