Heinzelwein-Dreier im Juni 2019: Pinot Noir, Chardonnay und Freunde in Amerika

Der Heinzelwein-Dreier ist eine monatliche Serie, die Ihr hier abonnieren könnt.

Ich war gerade, endlich mal wieder, in New York. Fünf Tage voll von dieser verrückten Energie, die im einen Moment so beglückend und inspirierend ist und schon im nächsten gefährlich nahe an Verzweiflung und Wahnsinn führen kann, ständig zwischen jauchzender Schönheit und abgrundtiefer, grausamer Hässlichkeit pendelt. Ich möchte nicht auf Dauer mit diesen viel zu kalten Wintern und viel zu heißen, schwülen Sommern leben, aber ich bin froh um die vielen Freunde dort und anderswo in den USA. Sie sind der eigentliche Grund, von Zeit zu Zeit in den Flieger zu steigen und meine morgendliche Joggingrunde an den Hudson River oder auch Brattle Street in Harvard zu verlegen – und all die verrückten Politiker in ihre Schranken zu verweisen.

Außerdem, natürlich: amerikanische Weine trinken! Cabernet aus dem Alexander Valley, Riesling von den Finger Lakes und Orange Gewürz & Pinot Gris aus Washington State, Chardonnay aus Santa Barbara und Pinot Noir aus Oregon… Besonders letztere sind genau das richtige, um die aufgewühlte Seele wieder zu erden – was selbst bei flüchtigem Blick in die Medien immer wieder und leider nicht nur in den USA dringend notwendig ist. Und das beste: Ihr müßt nicht einmal nach NYC düsen (eigentlich schade ;-), weil sie zu dem ziemlich begrenzten Angebot amerikanischer Weine in Deutschland gehören (und ja, ich weiß, günstig sind sie nicht – aber besonders).

2016 Au Bon Climat Chardonnay von Jim Clendenen aus Santa Maria in Kalifornien spielt mit Quittengelee und Haselnusscreme, tänzelt förmlich auf den Säurespitzen trotz aller Muskeln und mag alpine Hartkäse – KEIN big fat buttery Chardonnay!

2015 Pinot Noir von Eyrie ist ein Klassiker aus dem Willamette Valley in Oregon; David Lett gehörte dort Mitte der 1960er zu den Weinbau-Pionieren und hat wie heute sein Sohn Jason schon immer extrem naturnah gearbeitet. Die Weine reifen 18 Monate im Faß und haben Charakter und Tiefe, verbinden Form und Sinnlichkeit, sind zugänglich und doch komplex… und kommen auch mit superreifen, weichen, „stinkenden“ Käsen bestens zurecht!

Zugleich mit diesen Weinen fiel mir ein schmaler Gedichtband von Laurie L. Patton in die Hand, House Crossing. Sehr interessantes Lyrik-„Konzept“, das auf Architektur basiert… Doorstep erinnerte mich an nahezu mystische Momente in Morgendämmerung und Abendlicht in New York, und Weine, und Freunde…

Before you ask me
to come inside,
let me show you
this twilight color
that paints our skin in silver,
and that makes us want
to drink the sky,
and gather the lights
in the darkened trees,
and run wild
through the furrows
of the wine-soaked earth,
until we fall
over your doorstep
into the smoothness
of sleep.

Ich wünsche uns allen, daß wir nicht vergessen, Freundschaft über alles andere zu stellen. Weil das Leben von genau solchen Momenten (und Weinen) bestimmt sein sollte.

Die Idee dieser monatlichen Empfehlungen: Zwei Flaschen, und zu den flüssigen Geschichten außerdem eine in Worten, in Gedichtform – das ist der Heinzelwein-Dreier. Kein Verkaufsformat, sondern der Versuch, zumindest einen Teil dessen, was mir so an Wein begegnet, mit Euch zu teilen – abonnieren könnt Ihr diese Serie hier. Und damit Ihr nicht lange suchen müßt: hier gibt es den Chardonnay von Jim Clendenen, hier den Pinot Noir von Jason Lett und hier den Gedichtband von Laurie Patton. Trinken, lesen, schmecken, denken müßt Ihr wie immer selbst.

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