HeinzelCheeseTalk #27: Irland! Freitag, 17. Juni 2016

Was fällt Euch als erstes zu Irland ein – außer Guinness? Richtig: grüne, saftige Wiesen. Mit Kühen. Und ein paar Schafen. Folglich: Milch. Und daher: Käse (neben unglaublichen Mengen oftmals unglaublich guter Butter). Heinzelcheese ist für Euch einmal rund um die grüne Insel gefahren, hat Bauern, Höfe und Käser besucht und war dann in Dublin, bei den Sheridans. Kevin und Seamus (ja, das spricht man tatsächlich Schäämus aus) Sheridan sind Brüder und haben sich über die Jahre zu DEN Käsehändlern Irlands entwickelt. Ihr neues Buch ist nicht nur zum Thema irischer Käse äußerst empfehlenswert…

Irish cheese

Die handwerkliche Käserei  hat sich in Irland ab den späten 1970ern entwickelt, und jetzt gibt es eine Vielzahl großartiger Käse, von denen ich so viele mitgebracht hatte, daß wir den Zeitrahmen diesmal deutlich sprengten (hier mal einen Riesendank an die besten Hausmeister aller Markthallen, Christian und Andi!)…

Flüssiges hatte ich allerdings nicht von der grünen Insel, sondern aus meinem Keller mitgebracht. Wir starteten mit Bubbles, nämlich einem sehr vergnüglichen Konstanzer Brut von der Spitalkellerei Konstanz, zum extra-gereiften Coolea von Dicky Willems. Gouda, ja, aber für 18 Monate ausgebrochen geluschdig, wie die Menschen am südlichen Ufer des Bodensees gesagt hätten…

Gudrun

Dann eine echte Rarität, die ich zufällig (Serendipity…) in Dublin bei den Sheridans aufgetrieben hatte, nämlich St Gall von Gudrun Shinnick aus Fermoy, die seit diesem Jahr keinen Käse mehr macht, sondern ihre großartige Milch als Rohmilch, Joghurt und Butter verkauft. Ihre Lehrzeit auf dem Dottenfelder Hof und in der Schweiz war deutlich zu erkennen, und der Nacker Rosé vom Weingut Clauss vertrug sich bestens mit der feinherben Note des überjährigen Käse. Es folgte saftig-klarer Chardonnay Calx von Ruppert-Deginther in Rheinhessen zu Marion Roelevelds Killeen’s Ziegencheddar – ebenfalls fein gereift und aus Rohmilch und voller Charakter.

all ready to go HCT 27

Ein Highlight nach dem anderen: zwei kleine Rohmilch-Tommes von Silke Cropp, die ich bei dem Food-Festival der Sheridans persönlich kennengelernt hatte: ein spannender direkter Vergleich von Ziege und Schaf. Darauf absolut kongenial der supermineralische Arbois Les Tourillons aus Chardonnay mit Savagnin von Adeline Bouillon und Renaud Bruyère aus dem Jura zum Dilliskus von Maja Binder aus Dingle, mitten an der Westküste. Rohe Kuhmilch, beinahe ein Hartkäse, aber in einer ungewöhnlich flachen Form, und mit Dillisk, dem roten, auch Dulde genannten Seetang akzentuiert (Majas Partner Olivier handelt mit „Meeresgemüse“). Eine anspruchsvolle, echt inspirierende Begegnung!

Irish wines

Danach, gewissermaßen zum Runterkommen, der zugänglich-vergnügliche Flonheimer Weißburgunder von Nico Espenschied aus Flonheim/Rheinhessen und die supersubtil geräucherte Version des Milleens von Veronica, Norman und Quinlan Steele (mehr über diese Pioniere hier); gefolgt vom Original, im kleinen, „Dote“ genannten 200g-Format. Sechs Wochen alt und wesentlich weniger aggressiv im Geschmack als von der rotgeschmierten, von leichtem graublauen Schimmelanflug überzogenen Optik zu erwarten. Wir erforschten die Begegnung mit dezent fruchtigem, rosé leuchtendem Muskat-Trollinger von Andi Knauss (danke Wernher!) einerseits und tanninherbem, gereiften Blaufränkisch von Groszer aus dem Burgenland – und gingen dann zum letzten käsigen Akt über: drei mal Blau.

Young Buck

Außen weiß, innen kremig und nur verhalten blau zuerst der kleine Wicklow Blue von der Ostküste, zum Eingewöhnen, und perfekt, um dem im ersten Moment etwas geruchsintensiv reduktiven Pinot Noir von Claus Preisinger (ebenfalls Burgenland) das Spröde zu nehmen. Crozier Blue, aus demselben Haus wie der Marktschlager Cashel Blue, aber aus Schafsmilch, trieb die Kremigkeit auf die Spitze – und wurde dort, ganz oben schwebend in irischen Käsewonnen, schließlich von Mike Thomsons Young Buck abgelöst. Ein Crowdfunding-finanziertes Startup wenige Kilometer östlich von Belfast, das den ersten Rohmilchkäse Nordirlands erzeugt, angelehnt an die Rezeptur des Stichelton – dazu mußte ein Schluck Süßes ins Glas, und ich hatte glücklicherweise nach der kleinen Flasche Kvasir von Horn Cider aus Dänemark gegriffen, honigapfelschmelzig…

SheridansCheeseBook

Es war ein ausgesprochenes Vergnügen, mit Euch zusammen meine irische Käse-Rundreise noch einmal zu erschmecken – danke.

HeinzelCheeseTalks finden rund einmal im Monat an einem Freitag um 18h in der Markthalle Neun in Berlin-Kreuzberg statt, an dem langen Tisch gegenüber vom Suff-Weinstand. Ich bringe spannende Käse mit, öffne ein paar Flaschen Wein, wir verkosten, reden, diskutieren, alles ganz entspannt (und größtenteils auf deutsch – obgleich wir es im allgemeinen auch schaffen, den einen oder anderen auf englisch “mitzunehmen”). Die Einladung geht etwa zehn Tage vorher an eine Mailingliste, dann werden die fünfzehn Plätze am Tisch auf Reservierung vergeben. Ich freue mich über einen freiwilligen Kostenbeitrag von zwölf Euro pro Käsegenießer, wenn’s extra viel Spaß gemacht hat, dürfen es auch ein oder zwei Euro mehr sein… cheesio!

2 Gedanken zu „HeinzelCheeseTalk #27: Irland! Freitag, 17. Juni 2016“

  1. Ich habe eine Fernsehsendung im 3 Sat. über Irland gesehen unter anderem auch wie der Milleenskäse hergestellt wird. Ich würde sehr gerne diesen Käse kaufen. Gibt es da eine Möglichkeit??? Hoffentlich .
    Gruß, Albrecht Schreiner

    1. Das ist eine wirklich schöne Sendung, vor allem auch, weil Veronica Steele, die „Mutter“ des Milleens und der Renaissance des handwerklichen Käse in Irland Anfang dieses Jahres leider verstorben ist. Für den Milleens muß man aber entweder nach Irland oder zu ausgewählten Adressen nach England und einige andere Orte reisen… Hier ist mehr Info zum Milleens und den Steeles (Sohn Quinlan ist inzwischen für den Käse verantwortlich).

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