Heinzelwein-Vierer (!) im Februar 2020: Rot, bittersüß und säurefroh – für die vielen Seiten in uns.

Der Heinzelwein-Dreier ist eine monatliche Serie, die Ihr hier abonnieren könnt.

Dieser Dreier ist ein Vierer. Weil ich so definitiv keinen Lieblingswein habe, sondern mich im Gegenteil momentan ganz besonders schwer entscheiden kann. Und in jedem von uns so viele stecken! Gerade noch heiter und zuversichtlich bin ich auf einmal von Zweifeln geplagt, bekomme positives Feedback und spüre zugleich, wie sich in mir das Impostor-Syndrom regt… Und statt Gedicht gibt es diesmal dies: Olafur Eliassons Installation Your Uncertain Shadow. Weil ich finde, daß es diese vielen Ichs in uns verbildlicht – auch wenn sie nicht immer alle so hübsch bunt sind.

Hier also gleich drei Weine, teils eher ungewöhnlich, aber alle auf ganz unterschiedliche Art winterabendtauglich. Erstens: leichter, junger Rotwein aus der Provence. Klingt nach Hochsommer, ist aber so streichelwürzigsanft… Der 2018 Charbonnières von Karina und Guillaume Lefèvre von der Domaine de Sulauze stammt von jungen Syrah- und Grenache-Reben, duftet nach Zwetschgen, einer Ahnung Orangeat und Brotgewürzen, vereint Schwung und Gelassenheit.

Zweitens: La Cosa. The Thing. Aus Peñafiel, auf halbem Wege zwischen Madrid und Bilbao. Ist dem Winzer Alfredo Maestro Tejero erstmals 2015 eher „passiert“ – spontan vergorene hochreife Moscatel-Trauben entwickelten ungeahnte Mengen an flüchtiger Säure (für Nicht-Vinologen: erinnerte in der Nase ausdrücklich an Essig; Spitzen-Essig!) und kamen dann (zur Strafe?!) mit soviel Kohlensäure auf die Flasche, daß die Korken sich regelmäßig von selber aus dem Halse machten. Ein paar Flaschen schafften es trotzdem bis nach Berlin und ins Glas, und ich fand das schon damals ausgesprochen anregend und bekömmlich nach einem langen Abend mit vielem, gutem, winterfestem Essen. Eine Art Digestif, aber doch Wein. Süß, aber nicht wirklich. Inzwischen kommt „das Ding“ etwas grundberuhigter auf die Flasche, schmeckt aber immer noch großartig. Wenn nicht dem einen Ich, dann sicherlich dem anderen…

Und drittens, für bittere Momente (die ja auch sehr süß sein können) der bittersüße Chinato von Mauro Vergano aus Asti. Kein Barolo Chinato, sondern (inoffiziell) ein Barbaresco Chinato, also Rotwein mit Chinarinde versetzt, und ein bißchen Zucker, und ein bißchen Branntwein, und vielen Kräutern und Gewürzen und Rhabarberwurzel und Ginseng und… Suchtpotenzial: enorm. Ursprung: medizinal. Davon hatte früher jede Piemonteser Winzerfamilie ein Fässchen im Keller, für den Gesund, gegen Fieber und Malaria und gleichzeitig für die Seele. Denn die steckt letztendlich in jedem Schatten und jedem unserer Ichs, welche Farbe sie auch haben mögen.

Die Idee dieser monatlichen Empfehlungen: Zwei (oder auch drei ;) Flaschen, und zu den flüssigen Geschichten außerdem eine in Worten, oft in Gedichtform (oder wie dieses Mal, Bildern) – das ist der Heinzelwein-Dreier. Kein Verkaufsformat, sondern der Versuch, zumindest einen Teil dessen, was mir so an Wein begegnet, mit Euch zu teilen – abonnieren könnt Ihr diese Serie hier. Und damit Ihr nicht lange suchen müßt: die Weine könnt Ihr hier kaufen bzw. bestellen, und hier sind mehr Schatten (und soviel anderes Spannendes) von Olafur Eliasson. Trinken, schauen, schmecken, denken, leben müßt Ihr wie immer selbst.

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