Heinzelnews für den April 2024: Klassiker aus Frankreich, ein Blick hinter die Käse-Kulissen und Lesestoff

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Wie bereits beim letzten Heinzelcheesetalk geht mein Blick auch hier in den Heinzelnews wieder nach Frankreich. Bis vor kurzem hat mich das – nach einer intensiven Begeisterungsphase als Teenie, lang ist’s her – nicht so wahnsinnig interessiert, besonders in Sachen Käse schien mir alles gesetzt und bekannt. Doch dann wurde mir bewußt, wie sehr es hinter der Fassade alter Kultur brodelt und bröckelt, wie wenig der ursprünglichen Vielfalt überhaupt noch lebt und gelebt wird, wie sehr die wenigen multinationalen Groß-Akteure vereinnahmen und wegbügeln.

Das soll jetzt hier keine soziologische-ökonomische Polemik werden, sondern nur ein Hinweis. Für diejenigen unter Euch, die des Französischen mächtig sind (und sich interessieren): Véronique Richez-Lerouge zeigt in Main Basse sur les Fromages AOP auf, wie stark die geschmackliche Vereinheitlichung bereits voran geschritten ist (und wie wichtig etwa lokale Tierrassen sind), Jocelyne Porcher geht in Vivre avec les Animaux, une Utopie pour le XXIe siècle ausgesprochen fachkundig, sachlich und doch mit sehr viel Einfühlungsvermögen unser Zusammenleben mit Tieren an, und warum Veganismus und Präzisionsfermentation keine Alternativen sind.

Auf dem Käsebrett hier diesmal der Brie de Melun, der wie sein etwas größerer, bekannterer Bruder Brie de Meaux aus den Départements unmittelbar östlich von Paris stammt. Im Gegensatz zu jenem wird die (rohe) Milch aber nicht mit tierischem Lab, sondern ausschließlich durch Milchsäurebakterien über 18 Stunden hinweg dickgelegt. Dadurch reift er anders, Textur und Aromen sind einheitlicher. Wie bei vielen AOP-Käsen gibt es auch hier immer weniger Hofkäser, die die Milch ihrer eigenen Tiere verarbeiten, werden die Höfe zunehmend von größeren Unternehmen aufgekauft…

Im Weinglas dazu ebenfalls ein Klassiker, nämlich Chablis, aus dem äußersten Norden des Burgund, von Corinne und Jean-Pierre Grossot aus Fleys, anderthalb Autostunden südöstlich von Melun. Chablis war in den 1980ern Jahren super angesagt, wurde dann immer banaler und teuerer und verschwand im mega-out. Jetzt scheint es – durch viel Arbeit einzelner Produzenten – ein Qualitäts- und Image-Revival zu geben, nicht zuletzt entwickelt sich die nördliche Randlage zum Vorteil, und die klare Ansage „100% Chardonnay, 100% trocken“ ist auch nicht von Nachteil. Ich mag die sehr steinige, klare, aber nie harte Art von gutem Chablis, und ich war wirklich überrascht, wie gut das mit dem reifen Brie de Melun harmoniert – ausprobieren!

Und über das Ringelnatz-Gedicht schmunzeln, daß mir Heinzelcheese-Poet-in-Residence ;) Anne Seubert geschickt hat:

Unterm Tisch
Es war ein Stückchen Fromage de brie,
das fiel untern Tisch. Man sah nicht wie.
Dort standen zwei Lackschuh mit silbernen Schnallen.
Die fanden an dem Fromage Gefallen
Und traten nach einiger Überwindung
Mit ihm in ganz intime Verbindung.
Als abends die beiden Schnallengezierten
In einer feudalen Gesellschaft soupierten
Erhoben sich plötzlich zwei andere Schuhe
Und knarrten verlegen und baten um Ruhe
Und sagten, als alles ruhig war:
»Verehrte, es – riecht hier so sonderbar.«

Joachim Ringelnatz, Die Schnupftabaksdose, 1912

Danke Anne!

In den einschlägigen Publikationen ist in den letzten Wochen einiges von mir erschienen, vielleicht interessiert es Euch: über das kleine Weingut Schöpflin im Markgräfler Land im Slow Food-Magazin, über einerseits Refošk aus Istrien und andererseits Weißweine aus dem Roussillon in der Vinum, und schließlich den Südtiroler Michael Steiner und seine Eggemoa-Käse in der FINE.

Schließlich noch wie immer der Hinweis auf das Datum für den nächsten Heinzelcheesetalk: Freitag, den 19. April, in der Markthalle Neun in Berlin-Kreuzberg; Einladung folgt getrennt!

Ich wünsche Euch Gelassenheit, innere Ruhe und Freude.

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