Heinzelcheesetalk #77 Space Odyssee: Wir düsen im Sauseschritt, nach Norden. Freitag, 26. März 2021

Was blieb uns anderes übrig? Es muß und wird weitergehen, der Frühling kommt auch dieses Jahr, und wir düsten zusammen im Sauseschritt durchs große Käse-All. Unser Himmelsritt sollte eigentlich nach Norden gehen, aber wir machten dann doch einen großen Abstecher Richtung Frankreich und Spanien…

Wie immer war die Gruppe eine bunt gemischte mit neuen und vertrauten Gesichtern, von Berlin über Rhein und Main bis ins Allgäu. Wir stießen erstmal mit dem 2018 Hišno Vino von Gross an, der uns in die steilen Terrassen Sloweniens, an der Grenze zur Südsteiermark führte, mit Traminer-Duft und Furmint-Körper, geradlinig und ganz in sich ruhend.

Mit dem ersten Käse kam zu dieser Bergesfrische die des Nordens, von der Nordsee und den Marschen Schleswig-Holsteins. Der Crémeer von der Rohmilchkäserei Backensholz duftete nach Erde und Meeresluft, schmeckte nach üppiger Milch, feinsäuerlich, dezent und dann doch durch Salz und einem Bitterton im Abgang kräftig; die Textur weich und cremig und dabei im Kern angenehm fest und quarkig. Ich erzählte Euch ein bisschen über die Familie Metzger-Petersen, die schon 1991 mit dem Käsen begonnen haben und heute die dritte Generation auf dem Hof heranwachsen sehen.

Beim zweiten Käse, dem Cabriolait von der belgischen Käsereigenossenschaft Het Hinkelspel, ging es Euch hingegen um die Wahrnehmung von Ziegen-Aromen und -Charakter und Käse-Alter. Der Crémeer war etwa vier Wochen alt, den Cabriolait, einen rotgeschmierten Schnittkäse, schätzten die meisten von Euch wesentlich älter als seine acht Wochen und meinten es als Kompliment. Zuerst dicht auf der Zunge schmolz ganz großartig zu süßwürziger Üppigkeit – den Weißwein drehte er allerdings eher ins Saure…

Ganz anders hingegen der (nun tatsächlich zehn Monate alte – danke Alte Milch!) Cantal, aus Salers-Milch: dessen erdige Urigkeit freute sich über Duft und Frucht im Glas wie die wilde Auvergne im Frühjahr über die ersten warmen Sonnenstrahlen. Wir sprachen über die alten Methoden, die hier noch ganz lebendig sind, wie beim Melken die Kälber zuerst bei den Müttern trinken und die Milch ohne Zusatz von weiteren Startersäurekulturen in großen Holzbottichen verarbeitet wird, den gerles, der Bruch gepreßt und dann wieder zerkleinert, gesalzen und ein zweites Mal zu großen, über 40kg schweren Laiben gepreßt wird. Wahrhaftig Terroir in Käseform.

Dann gingen wir zum Rotwein über, dem 2019 Selenita vom DIT Celler aus der DO Montsant in Katalonien, und ich schwärmte ein bißchen von dieser wunderschönen Region und ihren Weinen… Zu den Käsen im allgemeinen gefiel Euch trotzdem der Weißwein besser als dieser noch ziemlich junge, sanfte südliche Rote mit seinen vielen dunklen Frucht- und Beerenaromen – es entspann sich eine interessante Diskussion über Tannine und die Verbindung mit den einzelnen Käsen.

Vom Friesisch Blue – wie alle Backensholzer eine Eigenkreation auf traditioneller Basis – wart Ihr alle überrascht, hattet aufgrund von Rotschmiere außen und Blauschimmel innen viel „härteren“ Stoff erwartet. So mancher griff zu einem Stück Brot dazu, aber insgesamt war das doch viel zugänglicher und freundlicher als erwartet. Der duftige Slowene fand das auch…

Schließlich mit dem Young Buck von Mike Thomson der Sprung nach Nordirland – äußerlich wie ein Stilton und doch ganz anders, weniger krümelig, ganz buttrig, die Rinde wie ein wunderbarer Naturkeller… obgleich er ganz profan in einem Industriegebiet bei Belfast entsteht! Wie alle Käse an diesem Abend aus Rohmilch bester Qualität. Und obgleich in einem Fall dazu der Portwein ins Glas kam, harmonierte auch der Norden Irlands bestens mit dem Nordosten Sloweniens.

Danke für Eure Offenheit und Begeisterung, und Dank auch an das Alte Milch-Team und die Suff-Crew in der Markthalle Neun – paßt weiter auf Euch auf, alle, bitte, cheesio und cheerio.

4 Gedanken zu „Heinzelcheesetalk #77 Space Odyssee: Wir düsen im Sauseschritt, nach Norden. Freitag, 26. März 2021“

  1. Liebe Ursula,
    danke für diesen spannenden Ausflug in weit entfernte Käsewelten – und was waren die gut! Es wäre sicher noch ein viel intensiveres Erlebnis mit in der Runde in der Markthalle zu sitzen – vielleicht klappt es ja irgendwann einmal. Berlin ist weit von hier, aber nicht aus der Welt. Jedenfalls bin ich froh dass es virtuell geklappt hat!
    Cheesio aus dem Allgäu,
    Barbara

  2. Köln ist nicht Berlin. Halve Hahn ist mit Gouda statt Comté. Wir brauchen den Heinzelcheesetalk, das Raumschiff zum guten Geschmack hier.
    Kurz: Wir würden uns sehr über den Joker freuen.
    Liebe Grüße aus Cöllefornia

    1. Hallo Laurens – den halben Hähnen am Rhein kann geholfen werden ;)))

      Ich schicke Euch gerne ein Joker-Paket und brauche dafür nur eine Adresse bis spätestens Sonntag bitte. Paket geht am Montag raus.

      Cheesio, U.

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