Der Käse für den Monat Juli 2020 ist: Lausitzer vom Hof Schafgarbe, Ogrosen/Brandenburg

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Ein knapp handtellergroßer, zweifingerhoher weißer Käse. Rindenlos, auf der Oberfläche lediglich die punktgleichen Abdrücke der Abtropfformen. Ausgesprochen schlicht also, der Lausitzer, den es auch in einer Version mit frischem Bärlauch gibt. Nach Feta-Vorbild reift er bis zu ein Jahr in Lake, und das Salz ist im ersten Moment im Geschmack relativ dominant, wird dann aber von der dichten Würze der Schafsmilch aufgefangen. Ich mag ihn sehr, den unprätentiösen kleinen Kerl: auf dem Käsebrett, einfach so, aber auch mit Tomaten und eigentlich jeder Art von Salat (Wassermelone!) und in Gemüsegerichten. Ich finde ihn aber auch deshalb großartig, weil er Teil eines ganzen Hofgefüges ist, und ich vom Hof Schafgarbe genauso gerne Fleisch und Wurst wie Käse kaufe.

Ulrike und Friedhelm Plaß sind mit ihren Kindern 1994 in die Höfegemeinschaft Ogrosen bei Vetschau im Spreewald eingezogen, anderthalb Autostunden südöstlich von Berlin. Als ich sie für mein erstes Käsebuch besuchte, erzählten sie, alles habe mit zwei „Rasenmäherschafen“ angefangen. Heute melken sie etwa achtzig schwarze und weiße Ostfriesische Schafe und verarbeiten deren Milch zu Joghurt (großartiges Lassi!), Frischkäse und dem nach der Region benannten Lausitzer. Doch ähnlich wie zu ihren Schafen sind die Plaßs auch aufs Schwein gekommen: zwei Tiere von einem Freund aus dem Oderbruch, die fürs Futtern der Molke auf den Hof kamen, waren so hübsch, daß sie besamt statt geschlachtet wurden. So wurde aus zwei Sauen eine ganze Zucht, die seitdem das Winterloch der Schafmilch stopft. Die bunt gekreuzte „Ogrosener Landrasse“, wie Ulrike Plaß sie damals scherzhaft nannte, besteht heute vor allem aus Duroc und Wollschwein, und die Tiere werden ebenso wie die Lämmer und Schafe auf dem Hof selbst geschlachtet und ihr Fleisch dort verarbeitet.

Wenn ich mich also am Samstagvormittag auf dem Ökomarkt am Chamissoplatz in Kreuzberg in die Schlange einreihe, die sich regelmäßig vor dem Schafgarbe-Hänger bildet, dann erwartet mich ein großartiges Angebot. Salsiccia, Merguez und andere Würste locken neben Lammkeulen, -nieren und -herzen, es gibt alles von Schnitzel bis Speck, und obendrein liegen neben dem Lausitzer auch die Käse vom ebenfalls in Ogrosen residierenden Ziegenhof. Hinter der Theke steht Friedhelm Plaß, immer mit einem Lächeln, das ebenso freundlich leuchtet wie seine rote Schürze, unabhängig von Wetter und Kundenandrang.

Die Plaß und ihr Hof Schafgarbe sind ein Beispiel dafür, wie Landwirtschaft, Milch und Fleisch fernab der Massenproduktion regional funktionieren können, ohne ins Elitäre abzuheben, und davor ziehe ich meinen Käsehut und verbeuge mich in tiefer Dankbarkeit.

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