Käse des Monats Dezember 2016: Pannerone Lodigiano aus der Lombardei, Italien

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Es ist Dezember, Adventszeit, Türchen-Öffnen- und Lichter-Anzünden-Zeit, mit Zimtsternen, Stollen und Hutzelbrot. Merkwürdige Vorstellung bei all dieser Heimeligkeit und den duftenden Köstlichkeiten, daß die vier Wochen vor dem Weihnachtstag in der christlichen Kultur als Fastenzeit gelten. Der Stollen war ein karger Laib, für die Butter darin brauchten wir Nordlichter eine Ausnahmegenehmigung vom Papst – heute ist er schwer, oft viel zu schwer und süß, voller Marzipan…

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Wie komme ich vom Stollen zum Käse? Mein Käse des Monats stellt ebenfalls einen Akt des Verzichts dar: der Pannerone Lodigiano aus der südlichen Lombardei wird gänzlich ohne Salz hergestellt. Ich weiß, Salz war nie von den kirchlichen Verboten betroffen, aber der Verzicht darauf ist ein einschneidendes geschmackliches Statement und Erlebnis, besonders wenn man so salzversessen ist wie ich. Jeder Bissen dieses weichen, süßlich-bitter-mandeligen löcherigen Käse ist eine Erinnerung daran, wie maßgeblich Salz an unserer Vorstellung von Käsegeschmack beteiligt ist (abgesehen von der wichtigen Rolle, die es beim Werdungsprozeß spielt).

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Pannerone Lodigiano also, aus vollfetter, unbehandelter Kuhmilch (panera steht im Lombardischen für Sahne), im Mittelalter von Benediktinermönchen kreiert und bis zum zweiten Weltkrieg weit verbreitet, heute jedoch nur noch zwei Produzenten erzeugt. Die Milch wird mit ausgesprochen viel Kälberlab dickgelegt, der händisch zerkleinerte Bruch tropft in Tüchern ab, wird wieder mit den Händen zerkleinert und dann in große Formen gefüllt (der fertige Käse ist 30cm rund, 20cm hoch und um 12kg schwer), vier Tage bei 28-30°C dort belassen, dann in Papier gewickelt, wieder in Holzformen gelegt, wo er nochmals einige Wochen bei 8-10°C reift. Am wichtigsten aber: er wird nicht gesalzen – schmeckt also beinahe fad, süßlich, vielleicht auch eine Spur mandelig, und durch den hohen Anteil Molke in dem ungepreßten Teig etwas bitter. Auf alle Fälle vollkommen ungewohnt.

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Und jetzt der komplette Bogen zurück zur Vorweihnachtszeit: Honig oder noch besser Mostarda, die senfsüßscharf eingelegten Früchte aus Cremona, paßt großartig dazu. Und auch dieser Gedanke, der mir neulich zu einem Kaffee an einem Flughafen begegnete. Cheesio, mit und ohne Salz, in dieser dunklen, merkwürdigen Zeit.

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