Heinzelcheesetalk #84: Englische Käse! Freitag, 3. Dezember 2021. In der Markthalle Neun.

Es ist Corona-Streß-Zeit (wieder mal und immer noch) – und trotzdem Heinzelcheesetalk. Genesen oder geimpft, soviel Maske wie möglich – und trotzdem Zusammensein, Lachen, Verkosten, Weintrinken. Ich war im gefühlt letzten Zeitfenster vier Tage in London gewesen und hatte Käse für Euch mitgebracht, was jetzt unter Brexit-Bedingungen immer spannender wird (die Käse, nicht das Mitbringen ;), unter anderem vom Hoflieferanten der Königin, Paxton & Whitfield, vom Chiswick Cheese Market. Es gibt ganz klar eine Tendenz auf der Insel, klassische Käse vom Kontinent nachzubauen, und wir widmeten uns ein paar spannenden Vergleichen.

Wir begannen – mit Bubbles, was sonst. Englischen, der NV Cuvée von Wiston Estate, feiner, lange auf der Hefe gereifter Stoff nach Champagner-Vorbild, dazu Dorstone, feiner, mit Asche bestäubter Ziegenfrischkäse von der Neal’s Yard Dairy aus Herefordshire, dessen Säure fein mit den Bubbles tanzte. Dann drei Käse für einen Überblick: Rachel, ebenfalls Ziege, ein fester Rohmilch-Schnittlkäse von White Lake in Somerset; der goldgelbe Babcary Brie von Hurdlebrook aus üppiger Guernsey-Milch, ebenfalls aus Somerset; und der großartig komplexe Flower Marie aus Schafsrohmilch von Golden Cross in Sussex. In Glas waren wir mit dem 2019 Riesling Heiligenstein von Jurtschitsch im österreichischen Kamptal, der ihnen allen ein ebenbürtiger, springlebendiger Begleiter war.

Der 2013 Grüner Veltliner Lamm von Schloß Gobelsburg streichelte dann eher samtig-reif, und das funktionierte gut zu dem ersten Paar: Morbier aus dem französischen Jura (bzw Maître Philippe ;) und der kräftigere Ashcombe aus den Cotswolds von David Jowitt, beide aus Rohmilch. Das zweite Paar war sich weniger ähnlich, kartoffelkeller-duftender St Nectaire aus der Auvergne (aka… siehe oben) und der mehr rotschmiergeprägte Saval aus Wales von Caws Teifi, beide aus Rohmilch und sehr ausdrucksvoll. Was auch für den naturtrüben, umgeschwefelten, auf der Maische vergorenen 2018 Hárslevelü Góré von Horst Hummel aus Villányi in Ungarn galt – mit dem Ihr allerdings weit weniger gut zurecht kamt. Apfelessig, Nagellackentferner… er wirkte in diesem Kontext auch wirklich extrem und war sehr unentwickelt. Zur Versöhnung folgte 2011 Riesling aus dem Kiedricher Gräfenberg von Robert Weil im Rheingau: super klassisch.

Und ziemlich cool zum „Lancashire“ von Yule und Paul von Urstromkäse in Baruth, eine Stunde südwestlich von Berlin, ihrem Erstling, wie alle ihre Käse aus Jersey-Milch (noch üppiger als Guernsey!), feinsäuerlich bröckelnd und einfach klasse. Während ich den englischen Klassiker dazu verteilte, sozusagen die „echte Ware“, nämlich gereiften Lancashire aus Rohmilch von der Familie Kirkham – deutlich gereifter, „dunkler“ in den Aromen und etwas fester, probierten wir den 2020 Prosecco Superiore Dry aus Cartizze von Nino Franco, der mit viel Frucht schäumte und das Lebendige aus den Käsen richtig hervorholte. Der 2019 Imvini Wethu aus Cinsault und Pinotage aus Südafrika versetzte uns dann zumindest gedanklich in wärmere Gefilde und war doch nicht schwer; auch das gefiel den Käsen und Euch.

Schließlich, zum krönenden Abschluß, Stilton. Was sonst, im Dezember und zum Thema englischer Käse?! Aber eigentlich denn doch nicht: denn beide waren entgegen der Statuten aus Rohmilch, und der Young Buck von Mike Thomson zudem aus Nordirland! Er wirkte jünger, mineralischer und „schlanker“, Joe Schneiders Stichelton hingegen superbuttrig. Ihr freundetet Euch alle mit ihnen an, trotz mancher blauer Hürden – und der traubige, wunderbar weihnachtliche 2013 LBV Port von Niepoort (danke Gabi!) tat sein Übriges dazu.

Danke für Eure gute Laune, Euer Interesse, Eure Begeisterung, in diesem wiederum, nun ja, turbulenten Jahr. Paßt auf Euch auf, weiterhin – cheerio, Ihr Lieben.

HeinzelCheeseTalks finden (hoffentlich weiterhin regelmäßig!) rund einmal im Monat an einem Freitag um 18h in der Markthalle Neun in Berlin-Kreuzberg statt, an dem langen Tisch gegenüber vom Suff-Weinstand. Ich bringe spannende Käse mit, öffne ein paar Flaschen Wein, wir verkosten, reden, diskutieren, alles ganz entspannt (und größtenteils auf deutsch – obgleich wir es im allgemeinen auch schaffen, den einen oder anderen auf englisch “mitzunehmen”). Die Einladung geht etwa zehn Tage vorher an alle Abonnenten, die sechzehn Plätze am Tisch werden auf Reservierung per Email vergeben, die meinerseits spätestens am Samstag vor dem HeinzelCheeseTalk schriftlich bestätigt wird. Ich freue mich über einen freiwilligen Kostenbeitrag von fünfzehn Euro pro Käsegenießer (bar am Ende des Abends), wenn’s extra viel Spaß gemacht hat, dürfen es auch ein oder zwei Euro mehr sein… cheesio!

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