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Und schon wieder ist es Ostern und April, und wieder – noch immer – liegt sooo viel Ungewissheit vor uns. Deshalb muß zumindest robuster Käse aufs Brett, Käse, der einem diesen gut gemeinten Knuff in die Rippe versetzt, „Kopf hoch“ sagt, ein bißchen streichelt und doch zugleich auch anschiebt wie eine Böe frischer Rückenwind beim morgendlichen Joggen. Robust heißt: verläßlich, unkompliziert, und doch immer wieder neu und gut – wie der Cheddar von den Calvers und ihrer Westcombe Dairy im grünen Somerset, auf halbem Weg von London nach Cornwall.
Kompakte Laibe, 25 Kilo schwer, fest in Leinenbandagen gewickelt, die im Laufe der zwölf Monate Reife im Keller mit einem feinen graublauen Teppich von Kulturen überzogen werden. Der Duft im blätternd brechenden Teig üppig milchig, geradezu saftig, als laufe man über die Somerset-Wiesen, einen Bach entlang, mit all dem frischen Grün und Leben. Unter der bandagierten Rinde hingegen erdig, ernster, erwachsener, nach Wurzeln wie Pastinaken und Meerrettich. Am Gaumen dann überraschend cremig, die cheddartypische Säure fein balanciert durch ein wenig Süße, wie in einem guten Salatdressing.
Die Calvers (mit Richard und Tom und ihren Familien ein starkes Zwei-Generationen-Team) bilden zusammen mit Jamie Montgomery und George Keen was ich das englische Farmhouse-Cheddar-Dreigestirn nenne, trotz ihrer teils sehr unterschiedlichen Geschichte. Als nach langem Verfall Anfang der 1980er Jahre in der britischen Käseszene ein Revival einsetzte, die letzten überlieferten Kenntnisse von engagierten Händlern wie Neal’s Yard Dairy-Gründer Randolph Hodgson, Patrick Rance und James Alridge neu belebt wurden, hatten die Calvers den Weg des schnellen Wachstums eingeschlagen. Doch als Jamie Montgomery 1998 begann, seine Käse unter eigenem Namen selbst zu vermarkten, stellten sie ihre Produktion nach und nach wieder auf Rohmilch um, und Tom fand nach dem beruflichen Start in Londoner Restaurantküchen mithilfe von Neal’s Yard Dairy zurück zum Käse. Heute verantwortet längst die Produktion auf Westcombe. Viele Herausforderungen geht er ganz offensiv an, darunter die hier kürzlich beim Cironé angesprochenen Milben, die sich auf den relativ trockenen Rinden ausgesprochen wohlfühlen. Unkontrolliert fressen sie sich in die Käse und schaffen so Risse für Schimmelpilze (was allerdings geschmacklich sehr interessant sein kann). Auf Westcombe gibt es nicht nur einen neuen, klimakontrollierten Reifekeller, sondern auch den ersten Cheddar-Staubsauger-Roboter: „Tina the Turner“ wendet die Laibe regelmäßig und saugt dabei die Milben ab.
Altes und Neues, Vertrautes und Ungewohntes, warme Frühlingssonne und kalte Böen – bleibt wohlgemut und flexibel und genießt das Positive, Ihr Lieben.
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