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Gereifter Mimolette ist nicht gerade eine Schönheit; mehr oder weniger tiefe Krater überziehen ihn wie Pockennarben. Die nur leicht abgeflachte, bowlingkugelgroße Form ist noch dazu ausgesprochen unpraktisch. Bei fortgeschrittenem (also: angemessenem) Reifestadium (was bedeutet: mindestens 12 Monate) gleicht das Ansetzen eines Messers einem risikofreudigen Balanceakt, der Mut, Erfahrung und wahre Liebe zur Materie voraussetzt.
Denn in diesem Alter ist der Mimolette erstaunlich fest, beim Schneiden bricht er gerne splittrig, und zu Hause verlangt er der Ausstattung einiges ab. Ungeliebte Weihnachtsgeschenke in Form von verspielten Designermessern und gläsernen Käseplatten lassen sich mit Hilfe eines reifen Mimolette auf höchst diplomatische Weise entsorgen. Doch ist die Kugel erst gebändigt und gespalten treten ihre wahren Werte zutage. Intensiv orange leuchtet es im Innern, mit nur ganz wenigen kleinen Löchern.
Mimolette mag beim Schneiden bröckeln und splittern, im Mund ist er stets von einer glatten Saftigkeit geprägt, wirkt niemals trocken oder gar staubig. So orange wie er leuchtet, so zitrus-nussig fein duftet und schmeckt er. Außerdem, und daher sei er Euch hier für die letzten kalten Tage ans Herz gelegt, ist gereifter Mimolette der beschriebenen Art ein ausgesprochener Wein-Käse. Und zwar Rotwein, was sich entgegen landläufiger Meinung tatsächlich nur von wenigen Käsen zu Recht behaupten läßt.
Er arrangiert sich spielend mit den härtesten roten Tanninknochen aus Bordeaux genauso wie mit üppigem Shiraz aus Australien (schmeckt allerdings auch wunderbar zu fruchtig-trockenem Riesling). Das orangefarbene Leuchten der Käsekugel hat natürlich nichts mit Rotwein zu tun, sondern mit den Samen eines südamerikanischen Strauchs, die als Annatto schon lange zum Butter- und Käsefärben benutzt werden. Mit ihrer Hilfe sollte angeblich einst der französische Mimolette vom ungefärbten holländischen unterschieden werden, zu einer Zeit als zwischen den Niederlanden und Frankreich Krieg herrschte und teure Importe auf französischer Seite staatlich untersagt und mit heimischer Produktion ersetzt wurden. Damals lag der Unterschied nur in der Farbe, heute hat die niederländische Variante das Coating ereilt, im Gegensatz zu der milbenzerfressenen französischen Variante eine rundum saubere, aber leider wenig aufregende Geschichte. Deshalb: zückt die stabilen Messer und öffnet die Rotweinflaschen, bevor der Frühling so richtig einzieht.
PS Wenn Ihr mehr über Milben lesen möchtet, dann findet Ihr hier einen Link (etwas nach unten scrollen!). Und: Mimolette entsteht aus Kuhmilch, teils unbehandelt, teils pasteurisiert.
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Hallo Ursula Heinzelmann,
Um Mimolette, Pecorino oder Sbrinz professionell auf den Tisch zu bringen mit den schon vorhandenen Käsemessern fehlt mir immer noch die entsprechende Unterlage. Ich dachte an eine Marmorplatte oder Porzellanplatte , doch wo finde ich Entsprechendes? Könnten Sie mir einen Hinweis geben?
Hallo Doris – auf alle Fälle ein Holzbrett, alles andere läuft Gefahr zusammen mit dem Käse zu zerspringen… Was die Messer betrifft: erstens unbedingt stabil, zweitens für Mimolette eher zum Schneiden (und ihn so platzieren, daß nicht wegrutscht oder -rollt), und drittens für Pecorino und Sbrinz hingegen eher kurze Messer zum Brechen. Hoffe, das hilft, cheesio, U.