Von Fritz Lloyd Blomeyer habe ich das erste Mal auf der Ankündigung eines Menüs der Weinbar Rutz gelesen. Sein Name stand da beim Käse wie der eines Künstlers. Ich googelte, doch eine Adresse schien es nicht zu geben. Daß die Rutz-Gang wieder mal ganz vorne mitspielte, wurde mir klar, als ich einige Zeit später bei einem ihrer Mitbewerber nichtsahnend Käse bestellte. Voller Erstaunen und Hochachtung entdeckte ich auf dem Teller vor mir zwei Scheiben perfekt gereiften „Blühende Landschaften“. Dieser Ziegenkäse von der Brandenburger Top-Adresse Capriolenhof ist nicht nur schwierig aufzutreiben, sondern auch äußerst empfindlich.
„Kommt von Fritz Blomeyer“, sagte die Sommelière. Alle Achtung, dachte ich, endlich jemand, der die logistische Brücke ins Umland schlägt. Schließlich begegneten wir uns Ende 2012 auf der ersten Cheese Berlin, dem Käsemarkt derMarkthalle Neun in Kreuzberg. 1,95 groß, stämmig, in Jeans und T-Shirt, mit Bart und Pferdeschwanz, auf der Stirn eine Piloten-Sonnenbrille: fehlten eigentlich nur noch Bierflasche und Motorrad. Doch der 28-Jährige redet lieber über uralten Allgäuer Bergkäse und Riesling-Trockenbeerenauslese. Nachdem er während des Jura-Studiums vor Frust am liebsten aus dem Fenster springen wollte, wurde ihm klar, daß sein Lebensthema Essen und Trinken war. Und zwar ganz speziell: Käse. „Mein Französisch ist miserabel, also mußte ich das in Deutschland angehen, zum Lernen von Käserei zu Käserei ziehen.“ Zielstrebig verdingte er sich zuerst einen Sommer lang als Praktikant auf einer Allgäuer Alpe. Diese Zeit bezeichnet er heute als die härtesten Monate seines Lebens, sagt aber auch, daß sie quasi als Türöffner für alle weiteren Stationen in der Käsewelt fungierte.
Sein familiärer Background ist bunt gemischt, Jura, Design, Diplomatie, spannt sich von Sachsen-Anhalt über London und Neuseeland bis nach Nepal. Er selbst wollte als Schuljunge die Welt umsegeln, ging dann aber stattdessen ein Jahr nach Kapstadt. Doch eigentlich ist er durch und durch Berliner: begeistert, überzeugt von seiner Sache, aber auch immer realistisch. Bei ihm ist keine Berge-Tiere-Natur-Romantik zu spüren, sondern einzig und allein die Begeisterung für den Käse. Verklärter Bio-Gutmensch-Idealismus liegt ihm nicht. Was fehlt in Berlin? Guter deutscher Käse. Also schaffen wir ihn ran. Seit Anfang 2009 erarbeitet er sich Stück für Stück einen Teil am Berliner Markt, beliefert angesagte Gastro-Adressen wie das Rutz, Hugo’s, Bieberbau, Lochner oder Volt und einige Händler. Eine Zeitlang hatte er im Aufbauhaus am Moritzplatz freitags einen kleinen Stand, inzwischen hat er längst einen eigenen Laden.
Der Weg dorthin (am Ende der Pestalozzistraße) lohnt sich auf alle Fälle. Anne Michalla, die aus der Gastronomie kommt und den hellen, hohen Laden sehr gekonnt managt, liegt genau auf der selben Käse-Wellenlänge wie Fritz. Der sagt: „Wenn ich ein Produkt rausgebe, dann muß ich dazu stehen können, und ich will den Leuten die Käse mitgeben, über die sie sich zuhause richtig freuen. Deshalb sollen sie auch grundsätzlich beim Kaufen probieren, manchmal bitte ich sie regelrecht darum.“ Seine Käse findet er durch die Kontakte seiner Käserzeit (eine Reihe von Allgäuern, Zurwies, Geifertshofen, Jaare) und ein Netzwerk von Freunden und Bekannten.
Vom Capriolenhof hörte er zum ersten Mal, als ihn ein Schulfreund und Musiker aufgeregt anrief, er habe gerade den absolut besten Ziegenkäse seines Lebens probiert, irgendwo „mitten in Brandenburg“. Auf dem Weg zum nächsten Käse-Gig in Schleswig-Holstein fuhr er dort vorbei. Und war hin und weg, trotz der langen Irrfahrt zu dem extrem abgelegenen Hof: „Die stellten mir eine wunderschöne Käseplatte hin, und ich habe als erstes einen perfekt gereiften Regowbert probiert – ein Traum, einfach genial, mit denen mußte ich arbeiten.“ So einfach kann das sein.
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Und welche Freude, seit vier Wochen hat Meister Blomeyer einen kleinen, feinen eigenen Laden in Charlottenburg: Pestalozzistraße 54a, zwischen „Marzipan Wald“ und der „Portugiesischen Weingalerie“. War gestern schon ‚mal kurz zum Einkaufen da.
Was lange währt, wird endlich gut…