Der Käse für den Monat November 2020 ist: Heggelbacher Felsbrocken

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Felsbrocken – das verspricht etwas Solides, eine verläßliche Basis, festen Boden unter den Füßen… alles Dinge, die wir im Moment dringend brauchen. Also Felsbrocken, in Käseform, für diesen unruhigen, dunklen Monat, und zwar von einem Hof, den ich erst vor kurzem richtig kennengelernt habe, und der tatsächlich ein Lichtblick und Hoffnungsträger ist: Heggelbach.

Liegt ziemlich versteckt und sehr malerisch mit Alpenblick wenige Kilometer vom Ufer des Bodensees entfernt, an seinem nordwestlichen Ausläufer, bei Herdwangen (hab ich auch nicht gekannt – Überlingen ist gleich um die Ecke). Der Demeter-Hof ist eigentlich eine Hofgemeinschaft, 1987 von sechs Familien gegründet. Es gibt Schafe, Hühner, Schweine, Gemüse – und Kühe. Um die 50, wunderschönes Braunvieh mit langen geschwungenen Hörnern, die tatsächlich, sehr außergewöhnlich, seit zwölf Jahren ausschließlich Gras, Klee und Heu fressen. Keine Silage, kein Kraftfutter, kein Getreide irgendeiner Art. Und trotzdem eine wirtschaftlich gangbare Menge Milch geben – und was für welche! Vielleicht ist das der Grund warum alle Menschen, denen ich auf dem Hof begegnet sind, so entspannt und wohlgelaunt wirkten (auch nicht unbedingt die Norm in landwirtschaftlichen Betrieben).

Stephan Ryffel ist seit 2016 für die Heggelbacher Käserei verantwortlich, und es spricht für den Erfolg des Hofes, daß er gerade mitsamt Kessel und Reifekeller in ein neues, ausgesprochen großzügig geplantes Gebäude umgezogen ist. Der gebürtige Schweizer mit dem kleinen goldenen Kuh-Ohrenstecker hat viele Sommer auf Graubündner Alpen gearbeitet, und der Felsbrocken ist sein „Baby“. Es ist ein ungewöhnlicher Käse, aus Rohmilch, kompakt und extrahart wie ein Parmesan und ohne die für Alpkäse typische Rotschmiererinde. Als ganz junger Käse, gleich nach dem Salzbad, verbringt er rund zehn Tage in einer Wärmekammer bei 25°C zum „Fettschwitzen“ (wenn das bei uns auch funktionieren würde…;). Er reift wesentlich langsamer als ein ebenso schwerer, aber nur halb so hoher Alpkäselaib und kommt frühestens nach 15 Monaten in den Verkauf (allerdings war dieser Laib hier nur knapp 14 Monate alt). Stephan schneidet ihn nicht, sondern bricht ihn horizontal auf, und wie Parmesan schmeckt er durch die zugleich kompakte und doch bröckelig-lockere Struktur gebrochen am besten…

Felsbrocken, ja, aber alles andere als hart im Mund, sondern mürbe. Duftet nach zerlassener Butter mit einem Touch Karamell. Im Mund geht die Üppigkeit der Milch in feine Säure und mineralische Aromen über, erinnert an Kräuter und gebackenen Sellerie. Süß und herzhaft zugleich. Hätte ich einen geeigneten Keller (und Stephan ausreichend Käse), würde ich einen ganzen Felsbrocken einlagern. Denn das Reifepotenzial scheint mir mit 14 oder 15 Monaten beileibe nicht ausgereizt – diese Kühe liefern Stoff für mehr. Aber darüber hinaus wäre es ein Trost, einen so ruhigen, intelligenten, vernünftigen und inspirierenden Begleiter in diesen dunklen, unberechenbaren Zeiten bei mir zu wissen. Ich wünsche Euch eben solche – sucht nach ihnen, es gibt sie! Cheesio, Ihr Lieben. 

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