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Februar: Monat des Durchhaltens, Jetzt-erst-recht und Trotzdem. Jedenfalls bei mir, und aus so vielen unterschiedlichen Gründen, daß ich sie Euch tunlichst erspare. Stattdessen teile ich lieber meine Trotz(dem)-Strategien.
Erstens: Käse. Nachdem Ihr alle auf Weihnachts- und Wintermärkten Euer nicht gerüttelt sondern gekratztes Maß an Raclette genossen habt, ist jetzt der perfekte Moment des Jahres, um sich nochmal des Vacherin Mont d’Or anzunehmen. Der spanschachtelbewehrte, sattkremige, duftende weiche Käse aus dem Jura ist genau der richtige Verbündete im Februar, sei es nun von der französischen (aus Rohmilch) oder schweizerischen Seite (aus thermisierter Milch). Manche packen ihn, ach was, backen ihn regelrecht im Ofen – könnt Ihr halten, wie Ihr möchtet, ich mag ihn lieber gerade temperiert. Dann kommt die ganze Fülle der Winter-Heumilch zur Geltung, und ich brauche nur noch ein paar gekochte Kartoffeln oder gutes Brot dazu, und danach einen bitterherben Wintersalat. Ihr könnt den Käse aus seinem Rindenring löffeln, oder ihn mit oder ohne Ring ganz „normal“ aufschneiden – was je nach Reifegrad zu präsentablen Stücken oder einem wunderbaren Chaos dieser Art führt. So oder so: hinschmecken! Denn direkt unter/am Fichtenrindenring (der seine Üppigkeit in Form hält wie ein Korsett) ist die Aromatik eine ganz besondere.
Zweitens: Wein. Und zwar Bubbles. Trotzdem, und jetzt erst recht. L’Atavique, der „normale“ Champagner des Familienbetriebs Mouzon-Leroy, ist mir neulich „zufällig“ genau im richtigen Moment begegnet und keine Endzeitstimmungreaktion, sondern Stimmungsaufheiterung. Biodynamisch, naturverbunden, ursprünglich (so ist der Name auch gemeint). Ich zitiere kurz einen der einschlägigen Händler dazu:
Fast selbstverständlich, dass im Keller mit nur mit Spontangärung und spontaner Malo gearbeitet wird. Der Ausbau der Grundweine folgt einem burgundischen Ansatz in Holzfässern mit langem Hefekontakt von teils bis zu 2 Jahren bevor es zur Flaschengärung geht. Die Weine werden stets unfiltriert verarbeitet. Der Schwefeleinsatz der Domaine ist so gering, dass man es als Naturwein bezeichnen könnte. Dieser sehr liberale Ansatz lässt die Weine etwas mehr ausflippen und gibt ihnen auch mal Ecken und Kanten. Eine etwas oxidativ angehauchte Aromatik, wie es auch bei Selosse und anderen Winzerchampagnern der Fall ist, ist keine Seltenheit bei Mouzon-Leroux und gewollter Ausdruck der Laissez-faire-Mentalität und des Naturweingedankens.
Genau. Preise variieren, online umschauen lohnt sich.
Drittens: Lese/Nachdenkstoff: war ein ziemlicher Stapel die letzten Wochen, und alles, was Ihr hier seht, sei Euch auch ans Herz gelegt. Was besonders hängenblieb, waren Etel Adnans Gedanken zu den unterschiedlichen Persönlichkeiten, die durch verschiedene Sprachen in einem entstehen. Daniel Schreiber führt das auch aus und schreibt in Zuhause:
Sprache ist unser Zugang zu einer Welt, die uns nie vollkommen zugänglich ist, aber ohne Sprache überhaupt nicht zugänglich wäre. Und jede Sprache beschreibt die Welt ein bisschen anders, in jeder Sprache schlägt sich, häufig unmerklich, ein anderes Verständnis von Zeit und Wirklichkeit nieder.
Nochmal zurück zu Etel Adnan, der kosmopolitischen Schriftstellerin, Malerin und Philosophin, aus Gespräche mit meiner Seele:
Das Ich ist ein Grenzgebiet: äußerst unsicher gegenüber Bedrohungen. Zwischen dem, was wir waren, einen Sekundenbruchteil zuvor, und dem, was kommt, hängen wir am seidenen Faden unserer Vernunft. Der Übergang schafft das, was wir Selbst nennen.
Also: trotz alledem den Faden nicht abreißen lassen. Und wenn Ihr Euch jetzt fragt, ob Vacherin zu Champagner paßt und umgekehrt, und in welcher Sprache und Wirklichkeit: damit beschäftigen wir uns beim nächsten Heinzelcheesetalk in der Markthalle Neun – Einladung folgt stehenden, trotzigen Fußes. Laßt uns so viele Sprachen wie nur möglich sprechen, hören, denken, fühlen.