Dies ist eine Reihe, die ich seit Jahren monatlich schreibe. Hier könnt Ihr sie abonnieren – dann bekommt Ihr den neuesten Käse direkt auf den Bildschirm!
Wer sich je auch nur flüchtig mit der norwegischen Käse-Historie beschäftigt hat, wird beim Titel dieses Beitrags vielleicht etwas stutzig. Gudbrandsdalen, dieses langgestreckte, von hohen Gebirgen umgebene Tal im südlichen Herzen Norwegens, wird im allgemeinen mit dem Brunost assoziiert. Brunost, wörtlich brauner Käse, der auch als Geitost (Ziegenkäse) bekannt ist, gehört zu Norwegen wie Elche, Rentiere und der Schnee und ist eigentlich kein Käse als solcher, da er aus eingekochter, karamellisierter Molke besteht (geschmacklich schwebt er irgendwo zwischen Marmite und Nutella).
Er sei, heißt es allgemein, von Anne Hov, einer Sennerin im Gudbrandsdal, 1863 „erfunden“ worden. Darüber hinaus bemühen sich die Historiker aber sehr, ihn bis in möglichst graue Vorzeiten zurückzuverfolgen, um seinen identitätsstiftenden Anteil am Norwegischen als solchen zu rechtfertigen.
Alles prima, ich liebe guten Brunost (dazu mehr an anderer Stelle) – und auch ganz abgesehen davon, daß vor den Zeiten moderner Marketing-Abteilungen und -Konzepte nur selten etwas ad hoc erfunden wurde – aber der Verdienst des Historischen in Sachen Käse und Norwegen gebührt anderen.
Skjørost, Pultost und Gamalost (wörtlich saurer, „grütziger“ und alter Käse) sind das altehrwürdige Dreigestirn dieser Kultur, allesamt ohne Zusatz von Lab aus entrahmter Sauermilch hergestellt und eng verwandt mit den „Urkäsen“ der Alpen wie dem Graukäse und der uns vertrauten Familie der Harzer-Korb-Quargel-Handkäse. Für traditionellen Skjørost (nicht nur etymologisch nah am isländischen Skyr!) wird die entrahmte Milch (aus der Sahne entsteht einst gut bezahlte Butter) gesäuert, langsam unter vorsichtigem Rühren auf 60°C erhitzt und tropft dann im Tuch ab. Nach drei Tagen erhält man auf diese Weise eine feste Masse, die entweder mit den Händen zerkrümelt oder in einer Art Fleischwolf gemahlen wird. Manche drücken ihn auch in Formen, genau wie Graukäse oder Surakees, und lassen ihn außen hart und innen speckig reifen (daraus wird dann bei allmählicher innerer und äußerer Schimmelbildung Gamalost). Für Pultost hingegen vermischt man den fertig vergorenen, krümeligen Skjørost am vierten Tag mit Salz und Kümmel. Schmeckt besonders gut auf unterschiedlichstem Brot mit einer dicken Schicht Butter oder Schmalz, oder auch zu Lefse, einer Art Kartoffelfladen, oder mit Kartoffeln und saurer Sahne…
Pultost wird in ganz Norwegen produziert. Wie immer sind die best distribuierten Versionen von der Molkereigenossenschaft Tine nicht die allerspannendsten. Seit einer früheren Reise kenne ich die wunderbare Rørosmeieriet, wo nicht nur der Pultost, sondern einfach alles besonders und gut ist (Hüt-ten-kä-se! But-ter!!). Mein Kandidat hier stammt jedoch von einem neuen Lieblingsproduzenten, Avdem Gardsysteriet aus Lesja im Gudbrandsdalen (das frühen Siedlern nach dem Treck über die Gebirge wie das gelobte Land erschienen sein muß).
Fünf Familien (auf dem Foto ist Åse Haugstad zu sehen) haben sich hier zusammen getan, um nach der Schließung der örtlichen Molkerei ihre Milch ab 2005 selbst und unpasteurisiert zu verarbeiten. Sie orientieren sich dabei an alten Sennereitraditionen. Wer in die Richtung fährt: unbedingt den außergewöhnlichen Hultreost, Gubb und Gomme probieren und den großartigen Laden besuchen, Avdemsbua.
Pultost also: kräftig, säuerlich, sehr gut – und tatsächlich sehr historisch. Hei hei og fin ost alltid!
Dies ist eine Reihe, die ich seit Jahren monatlich schreibe. Hier könnt Ihr sie abonnieren – dann bekommt Ihr den neuesten Käse direkt auf den Bildschirm!
Und wenn Ihr das gerne gelesen habt, dann klickt Ihr vielleicht auch auf diesen Button und unterstützt mich in meiner Arbeit. Danke.