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Drei Dinge gibt es Sardinien in rauen Mengen: Schafe (drei Millionen, die sich mit etwa halb so vielen menschlichen Bewohnern gut vertragen), Disteln (in beeindruckend vielen Varianten, von eßbar, Artischocken, bis ästhetisch, aber sehr stachelig) und Steine (die über die Jahrtausende in unterschiedlichste Formen arrangiert worden sind, zu runden Nuraghe-Tempeln und langen Trockenmauern, aber immer noch sehr zahlreich einfach so in der Gegend herumliegen.
Es ist trotzdem, oder vielleicht gerade deswegen eine wunderschöne Insel, mit ungeahnt vielen Facetten, die sich einem erst bei genauer Betrachtung erschließen (zum Beispiel der Wein, der eine große Rolle im kulinarischen Leben spielt, sich aber auf der Produktionsseite ein bißchen versteckt hält). Die Schafe hingegen sind tatsächlich unübersehbar, und der bekannteste Käse Sardiniens ist selbstverständlich Pecorino, obgleich es auch Kühe und Ziegen gibt, allesamt ein bißchen wilder als auf dem Festland, kleiner, scheuer, mit zottigem, langem Fell.
Bei meinem (viel zu kurzen) Sardinien-Trip während der letzten Tage wollte ich so viel wie möglich über die Hintergründe und Geschichte der sardischen Käse im allgemeinen in Erfahrung bringen, vor allem aber einen Callu de cabreddu (oder cabrettu) auftreiben, wörtlich übersetzt, Zicklein-Lab. Für mich ist dies der Ur-Käse aller Käse. Ganz ursprünglich stelle ich mir das so vor: ein Hirte schlachtete ein junges Zicklein, das gerade bei der Mutter getrunken hatte, entdeckte die quarkige Masse im vierten Magen und ließ diesen trocknen… Heute handelt es sich dabei um einen gereinigten Zicklein-Labmagen, der zugenäht und mit frischer, unbehandelter Ziegenmilch gefüllt wird.
Er wird nur in Ogliastra im Osten der Insel produziert. Wo wir uns einen ganzen Sonntag auf die Suche danach machten – um erst (nach einer wahren Odyssee und vielen Telefonaten) zu hören, es sei ein schlechtes Jahr für den Callu, man habe quasi keine produziert. Aber vielleicht bei diesem einen Laden… der allerdings heute geschlossen sei. Wir klingelten trotzdem, und tatsächlich, Geschäftstüchtigkeit war wichtiger als Sonntagsruhe. UND es gab Callu! Die im Vergleich zu anderem Käse richtig teuer sind. Aber sei’s drum, das war jetzt egal. Es waren sehr frische, noch weiche Exemplare, keine vier Wochen alt (es heißt, der Callu könne bis zu vier Monaten reifen). Hochzufrieden fuhren wir weiter – probiert hatten wir das legendäre Teil immer noch nicht, aber man kann schließlich nicht alles haben! Das würde bis zum HeinzelCheeseTalk in Berlin warten müssen.
Abends suchten wir uns in Lanusei ein Hotel, fragten nach einer Adresse zum Abendessen, wurden in eine schlichte Pizzeria um die Ecke geschickt, erkundigten uns nach dem Tagesangebot, unterhielten uns mit der sehr freundlichen Bedienung – und bekamen auf der Käseplatte Callu! Sehr dicht und cremig und kräftig, sicher durch die vergleichsweise große Menge Lab und den natürlich hohen Anteil an Molke bedingt, das Fett bereits stark abgebaut, also beinahe bissig im Nachhall. Nicht unbedingt geeignet, um ihn in großen Mengen pur zu vertilgen…
Als wir das Schild unseres Callu genauer studierten, entpuppte sich der übrigens als Ziegenmilch im Lamm-Labmagen. Scheinbar war es wirklich kein gutes Jahr für Zicklein. Wir sind also gespannt, wie und ob er anders schmecken wird als in Lanusei. Der Süßwein, Malvasia aus dem pittoresken Ort Bosa and der Westküste, steht jedenfalls schon bereit.
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