Hand- und Graukäse mit Wein – geht das? Und ob!

Im November war ich bei Carolin und Erik Riffel vom gleichnamigen Weingut in Bingen-Büdesheim, den Helden des Scharlachbergs (ja, das ist eine Spitzenlage, und ja, die Riffels übersetzen sie auf grandiose Weise in die Flasche bzw. ins Glas!). Anlaß war eine breit angelegte Silvaner-Verkostung (ja, die Sorte ist in Rheinhessen nach wie vor unterschätzt, aber wir arbeiten dran – meine rheinhesssischen Favoriten des Abends waren der Quarzit von Riffel, der Appenheimer von Jürgen Hofmann und vor allem der Dittelsheimer von Stefan Winter – aber das ist ein anderes Thema). Für den nächsten Morgen hatten Carolin und ich uns das Thema Hand- und Graukäse vorgenommen – wie weinkompatibel sind die eigentlich?

Das Thema hatte uns vor einer Weile spontan angesprungen. Rheinhessen und Handkäs gehört zusammen und die Riffels fahren im Urlaub oft nach Südtirol, der Heimat des Graukäse, der in der Machart quasi ein Handkäse im Großformat ist. Auf dem Küchentisch dufteten vollkommen speckig durchgereifter Upländer, in der Mitte noch leicht quarkig bröckeliger Handkäse mit etwas Kümmel von den Schneiders aus Bodenfelde, Nieheimer Handkäse der Familie Pott, der wesentlich üppiger schmeckte als diese beiden, und schließlich ein Stück Graukäse aus dem Ahrntal, das ungewöhnlich gereift war, weil die Saison für dieses Jahr eigentlich schon beendet war. Freunde (danke Silke und Lars!) hatten welchen vom Slow Food Salone del Gusto aus Turin mitgebracht, der dann weitere drei Wochen in meinem Kühlschrank reifte. Das Ergebnis war eine große Überraschung, nämlich in der Mitte bröckelig-säuerlich ähnlich einem englischen Wensleydale (aus dem bekanntlich der Mond besteht, wie Wallace & Gromit-Fans bestätigen können), am Rand jedoch laufend-aromatisch wie ein sehr reifer, guter Brie – wow!

An Weinen stand uns das gesamte, vielfältige Riffel-Programm zur Verfügung, inklusive einiger gereifter Weine. Anfangs war es schwierig, überhaupt einen Einstieg zu finden, aber wir tasteten uns voran. Generell (und wie meist mit Käse) waren die aktuellen Weine, also der Jahrgang 2011, zu jung und schmeckten zum Käse aggressiv, simplistisch oder übermäßig sauer und süß. Ausnahme war der trockene Gutsriesling, der zum Upländer angenehm erfrischend wie ein Glas Apfelwein wirkte. Interessanter in dieser Kombination fanden wir aber 2010 und vor allem 2007 Silvaner Quarzit, bei denen Speckigkeit und Salz vom Käse ihr Gegenüber in CO2 und Säure bzw. Weinreife fanden. Zum Schneider-Käse brillierte der 2010 Silvaner Turm, dessen Dichte den Käse förmlich umfing. Beim Nieheimer griffen wir zum Rotwein, da er Weißweine mit ihrer Säure schlichtweg erschlägt – gruselig. Der 2007 Dornfelder & Spätburgunder hingegen war der Aufgabe gewachsen, blieb dabei aber elegant im Hintergrund. Der 2008 Spätburgunder Mariage dann wirkte mit dem Käse zwar selbst etwas üppiger, aber die beiden verstanden sich bestens. Schließlich der Graukäse. Der zeigte sich überraschenderweise den Weinen gegenüber aufgeschlossener als erwartet, solange sie nicht zu simpel daher kamen (einfacher Gutsriesling war eindeutig unter Graukäse-Würde.) 2010 Silvaner Turm: beste Harmonie. 2007 Silvaner Quarzit: dito. 2008 Riesling Quarzit: reinste Eleganz. Dem 2007 Silvaner Primus inter Pares von Michael Teschke vom vorherigen Abend verhalf der Käse zu einer tollen Frucht, während der 2008 Mariage seinerseits dem Südtiroler eine Finesse verlieh, die jedem Plateau de Fromage zur Ehre gereicht hätte. Wer hätte das gedacht?

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