Peter Klann, Bäcker extraordinaire, ist am 28. März nach langer Krankheit gestorben. Ich habe diesen außergewöhnlichen und dabei so zurückhaltenden, feinfühligen Menschen im Frühjahr 2002 kennengelernt, als ich an einem Artikel für die Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung zum Thema Öl arbeitete. Von einer Slow Food-Messe hatte ich einen Flyer der Soluna-Ölmühle in Ringenwalde bei Berlin mitgebracht und rief dort an, um ein Treffen zu vereinbaren. Es gebe nicht viel zu sehen, sagte mir die Stimme am anderen Ende, aber wenn ich drauf bestünde… Peter holte mich am Bahnhof in Angermünde ab und erzählte mir auf der kurzen Fahrt, er produziere zwar zur Zeit Öl, aber eigentlich sei Brot sein Seelenthema.
Das blieb bei mir hängen. Es gab tatsächlich nicht viel zu sehen, aber das Öl war grandios, aus Walnüssen, Mohn, Erdnüssen, Hanf, Kürbiskernen, Nigella, Leinsamen, außerdem eine Reihe toller Pesto-Kreationen. Eine Freundschaft wurde aus dieser Begegnung, als Peter zu seinem Seelenthema zurückfand und wir uns zwei Jahre später quasi vor meiner Haustür auf dem Markt wiedertrafen. Ich schrieb gerade an meinem ersten Buch, Erlebnis Essen, das erste Kapitel trug den Titel Brot, und Peter lieferte mir meine Story quasi auf dem Silbertablett:
„Petit Pain Obscure, obskures kleines Brot, steht auf dem Schild vor den von zwei Seiten über einem Lorbeerblatt aufgerollten Weizenbrötchen, die mich an griechische Götter und Tempel erinnern. Die dreieckigen Paolinhos daneben mit Mais und einem Hauch Anis verweisen auf Portugal und die urigen krustigen Vinschgauer-Roggenfladen nach Südtirol – als ich nach meiner morgendlichen Joggingrunde den kleinen, leuchtend gelb ausgekleideten Brot-Stand auf dem neuen Wochenmarkt am Hackeschen Markt zum ersten Mal begutachte, überwiegt erst einmal Mißtrauen. Wieder ein „moderner“ trendbesessener Bäcker? Dann sehe ich die als “Ostschrippe” bezeichneten Doppelbrötchen, das viereckige Schwarzkorn-Brot, bodenständig und trutzig-schief, nach einem mecklenburgischen Rezept mit Rübensirup, den Ringenwalder Rundling, ein schlichtes Roggen-Bauernbrot ohne jegliches Schnickschnack.
Und ich entdecke hinter dem Stand einen alten Bekannten: Peter Klann habe ich vor Jahren in der Nähe von Angermünde besucht. Damals betrieb er eine sehr exklusive kleine Ölmühle und hat mich einige erstaunliche Sachen probieren lassen. Vor allem sein beeindruckend aromatisches Erdnußöl – im Gegensatz zu den hochgradig verarbeiteten, in erster Linie französischen Billigprodukten eine neue Dimension an Erdnußgeschmack – und das feinnussige, elegante Mohnöl liegen mir immer noch auf der Zunge. Er hatte mir zwar erzählt, wie wichtig das Thema Brot für ihn sei, aber dann haben wir uns aus den Augen verloren.
Jetzt bin ich natürlich neugierig, doch am Stand drängen sich die Kunden, und er hat wenig Zeit. Wir verabreden uns für nächste Woche auf einen Kaffee – “heute nachmittag bin ich nicht mehr zu gebrauchen, ich habe die ganze Nacht gebacken,” sagt er. Ich kaufe Brötchen fürs Frühstück – was ich schon seit Jahren nicht mehr getan habe, weil es hier im Umkreis einfach keine guten zu geben scheint – und mehr als genug Brot. Das ganze Wochenende schwelgen wir in Kohlehydraten, die selbst einen eingeschworenen Atkins-Anhänger in Versuchung brächten. Endlich wieder ein Lichtblick im endlosen Grau der seelenlos-pappigen Langeweile des deutschen Standard-Backwerks der Gegenwart!…“
Im Frühjahr 2006 fand in seiner neu eröffneten Bäckerei Soluna am Südstern in Berlin-Kreuzberg die Präsentation meines Buches statt.
Wenig später lud er meinen Mann und mich zur nächtlichen Einweihung des neuen Ofens ein, ein sehr spirituelles Ritual, bei dem das Holzfeuer von Wein, Getreide und einem Zettel mit geheimen Wünschen jedes Anwesenden genährt wurde. Soluna veränderte sich ständig, so wie Peter ständig offen für neue Gedanken, Menschen und Ideen war. Das Feuer war am Lodern. Sortiment und Mannschaft wuchsen, was nicht immer ohne Schwierigkeiten abging. Doch Peter hielt unbeirrt am Soluna-Motto fest: die Balance zwischen Liebe und Essen. Wo auch immer Du jetzt bist, Seelenbäcker, danke.
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Nach meinem Umzug ins Umland von Berlin suche ich für einen Catering-Auftrag nach der Webseite von Soluna Brot&Öl. Nun muss ich sehr betroffen feststellen, dass Peter Klann nicht mehr lebt. So wie Ursula Heinzelmann habe auch ich ihn erlebt und sehr schnell schätzen gelernt. In meinem kleinen Unternehmen war ich sehr glücklich darüber, dass er mich unterstützte und mir sein großartiges Brot auch in verhältnismäßig kleinen Mengen lieferte. Sein Brot kannte und liebte ich bereits, als ich noch in Stuttgart lebte. Ich bin sehr traurig, dass ich ihn nicht mehr treffen kann. Sein Brot gibt es noch, dass weiss ich, denn ich bekomme es regelmäßig aus Berlin mitgebracht.
Alles Gute, Peter Klann – irgendwann treffen wir uns sicher wieder!
wir sind sehr bestürzt liebe Ursula , es ist so früh, sich schon verabschieden zu müssen Haben wir doch auch mit Peter ein Stück des Weges zurückgelegt.
wir wünschen der Familie ein sehr herzliches Beileid und tragen Peter weiterhin in unseren Gedanken !
es ist so traurig, dass er es nicht geschafft hat, obwohl er es so gerne gewollt hätte.
Mein lieber Peter Du lieber Skorpion, wir vergessen Dich nicht!