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Als letzte Recherche für mein Käse-Buch (erscheint im Oktober!) war ich im Januar eine Woche in San Francisco. Die Fancy Food Show und der verrückte Cheesemonger Invitational-Wettbewerb waren eine perfekte Gelegenheit, um die neuesten O-Töne einzufangen, und ich habe wirklich einen Haufen großartige Menschen geplant und ungeplant getroffen. Mit am meisten habe ich mich gefreut, ganz unverhofft Soyoung Scanlan wiederzusehen.
Als wir uns vor 15 Jahren kennenlernten, bei meiner allerersten Käserecherche, hatte sich die damals 35-jährige gebürtige Koreanerin gerade in Laura Chenels erster Käserei, einem blauen Holzbungalow in Santa Rosa etabliert, eine Autostunde nördlich von San Francisco. Sie hatte ursprünglich Mikrobiologie studiert, fand die Arbeit im Labor aber bald zu trocken und „kam auf den Käse“. Konsequent hängte sie einen zweiten Studiengang in Milchwissenschaft an (ihre Diplomarbeit zum Thema hochwertiger fettarmer Käse bezeichnet sie humorvoll als „nicht gerade mein geschmackvollster Moment“). Nachdem sie zuerst in anderen Käsereien als Gast unterschlüpfte, hatte sie bei meinem Besuch bereits nach knapp zwei Jahren aus dem Nichts eine Ein-Frau-Käserei namens Andante Dairy aufgebaut.
In der Zwischenzeit ist sie damit mehrmals umgezogen und aktuell Untermieter auf der Volpi Farm in Petaluma. Nach wie vor kauft sie frischgemolkene Ziegen- und Kuhmilch in Spitzenqualität und verarbeitet sie zu Frisch- und Weichkäsen, die äußerlich an französische Klassiker wie St Marcellin, Chaource, Pierre Robert oder Banon erinnern. „Ich fahre bei jeder Gelegenheit nach Frankreich,“ sagt die feinsinnige, dunkeläugige Frau, die begeistert und hochtalentiert Klavier spielt, „doch mit den besten Käsen Europas kann ich nicht konkurrieren, das wären nur traurige Imitationen. Wir Amerikaner haben nicht viel an Tradition, deshalb müssen wir am Ursprung, beim Boden beginnen und mithilfe von europäischen Traditionen unseren eigenen Ausdruck dieses „Terroirs“ schaffen.“ Wie sehr es ihr gelingt, diese Gedanken zu verwirklichen, demonstriert etwa der kleine runde A Capella aus Ziegenmilch, der mit seiner feinen, beinahe seidigen Struktur ganz leise einsetzt, um sich dann zu dichtem Crescendo zu steigern – seine diskrete Ausdruckskraft begleitet mich bei jeder unserer seltenen Begegnungen noch über Tage. „Gelungener Käse ist nicht laut, aber er spricht ganz für sich selbst,“ sagt Soyoung Scanlan.
Neu war für mich dieses Mal der Duet (alle Käse tragen Namen aus der Welt der Musik) – wie ein Gedicht, das einen noch lange beschäftigt. „Ich wollte den Duft meines Gartens im Sommer einfangen, wenn die Luft wie Koffein ist, und aromatisiere deshalb einen Teil der (Ziegen)Milch mit frischem Thymian,“ erklärte sie, während sie Kostproben auf kleinen Papierstreifen ausgab: „Wie bei einem guten Duett kann man nicht nicht erkennen, wer welche Stimme spielt.“ Soyoung Scanlan war immer ruhig, manchmal versonnen, und mit den Jahren scheint sie immer mehr, auf nahezu ätherische Art, nicht nur in sich selbst zu ruhen, sondern geradezu zu schweben, so wie ihre Käse sich auf der Zunge auflösen, ganz Klang sind.
In San Francisco gibt es Soyoung Scanlans Käse unter anderem bei Cheese Plus und in der Rainbow Grocery. Laßt es klingen!
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