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Ja, nein, ich war weder im Iran, noch in Kurdistan, Aserbaidschan oder Armenien. Leider, denn spätestens seit ich das neueste Lese-Kochbuch meiner Freundin und Kollegin Naomi Duguid hier liegen habe, zieht es mich sehr in Richtung Persien. Den Kamakh Rijal könnte ich dort allerdings auch gar nicht erleben, wenn der Foodhistoriker und Persien-Spezialist Charles Perry, über den ich darauf gestoßen bin, recht hat (was allermeistens der Fall ist): dieses alte Streichkäse-Rezept ist angeblich ausgestorben.
Schwer zu glauben – es ist so einfach, daß ich es sofort selbst ausprobiert habe. Und allen wärmstens empfehle, dies ebenfalls zu tun. Denn wer wie ich nicht unbedingt einen grünen Daumen hat und zuwenig Geduld zum Brotbacken, aber trotzdem über den Herd hinaus ein bißchen Lebensmittel-Mitproduzent sein möchte, für den ist der Kamakh rijal (was soviel wie fermentiert und streichfähig heißt und eigentlich mit einer Reihe zusätzlicher Zeichen geschrieben werden sollte, die meien Tastatur überfordern, sorry) perfekt. Ihr merkt schon: ich habe gerade mal wieder in den Essays des immer inspirierenden amerikanischen Dichters und Kulturaktivisten Wendell Berry gestöbert, seinen vielen Plädoyers, in allem verantwortungsbewußt zu handeln, aktiv zu denken statt passiv, wie etwa in The Pleasures of Eating. Unbedingt lesen! Deshalb also als Käse des Monats diese historische Anleitung für eine Käsekrem.
Charles hat schon mehrmals darüber geschrieben (zuletzt in dem neuen, sehr empfehlenswerten Magazin Cured) und auch ein Kochbuch aus Baghdad aus dem 13. Jahrhundert übersetzt, in dem dieses Rezept aufgeführt ist. Demzufolge wurde der Kamakh rijal im Juni aus gesäuerter und frischer Milch sowie Salz in getrockneten Kürbisschalen angesetzt und reifte (abgedeckt) in der Sonne auf dem Dach. Man rührte ihn morgens und abends und begann nach einigen Tagen, bis Mitte September täglich frische Milch hinzuzugeben. Im August kamen Gewürze wie Minze, Schwarzkümmel und Knoblauch oder auch Rosenblätter hinzu, im Oktober war der Kamakh rijal schließlich fertig.
Und wahrscheinlich ziemlich aromatisch! Ich hatte weder ein Dach und heiße persische Sonne (die sich durch eine Wärmeplatte ersetzen läßt – maximal 45°C!) noch so lange Geduld (siehe oben), so daß ich eher eine Art dicken Kefir produziert habe, der zum Frühstück mit Tomaten und Gurke sehr gut war. Außerdem habe ich ein großes Weckglas genommen, weil es mir handlich erschien. In einer flachen Schüssel verdunstet sicher mehr, ich brauchte kaum aufzufüllen. Ich hatte gerade Ziegenmilch und Schafsjoghurt im Kühlschrank und habe daher 120ml Schafsjoghurt mit je 600ml Ziegen- und Kuhmilch sowie drei Esslöffeln Salz verrührt, das Ganze mit einem Tuch abgedeckt und in eine Ecke der Küche gestellt. Zuerst passierte gar nicht viel, dann wurde die Milch deutlich saurer – und am siebten Tag dick.
Die Gärung stoppte dann bei mir, weil ich keinen frischen Milchzucker zugegeben habe, und ich habe das Glas nach etwa zwei Wochen vorsichtshalber in den Kühlschrank gestellt. Bei Charles sieht das Ergebnis ganz anders aus (das Foto oben ist von ihm, aus Cured), aber diese Vielfalt ist das Wunderbare am aktiven Mitproduzieren. Ich werde im Sommer den nächsten Versuch starten, wenn ich irgendwann mal wieder lange genug zuhause bin. Viel Vergnügen!
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